17. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung 2018: Medizinische Versorgung muss stärker patientenbezogen sein

Die Gesundheitsversorgung in Deutschland orientiert sich noch zu wenig an den Bedürfnissen und Präferenzen der Patientinnen und Patienten. Dieses Fazit zogen Versorgungsforscher auf einem Pressegespräch zur Eröffnung des 17. Deutschen Kongresses für Versorgungsforschung (DKVF) in Berlin. Vor allem bei der Wahl von Diagnose- und Therapiemaßnahmen wird die Perspektive der Betroffenen häufig nicht ausreichend berücksichtigt. „Dabei zeigen Ergebnisse aus der Versorgungsforschung, dass Betroffene immer mehr in Gesundheitsentscheidungen einbezogen werden wollen“, erklärte Prof. Dr. Dr. Martin Härter, Kongresspräsident des DKVF 2018, beim Pressegespräch. Zu den Grundprinzipien einer personenzentrierten Versorgung zählt eine gelungene Beziehung zwischen Leistungserbringern und Betroffenen. Der Aufbau einer solchen Beziehung setze eine positive Haltung der Leistungserbringer voraus, so Härter – sie müssen gewillt sein, nicht nur die individuellen medizinischen Gegebenheiten, sondern auch die Präferenzen, die Lebenssituation und das Umfeld der Betroffenen bei der Behandlung zu berücksichtigen. Förderlich sind dabei vor allem gute kommunikative Fähigkeiten der Leistungserbringenden, gezielte Gesundheitsinformationen sowie Versorgungsstrukturen, die kranken Menschen den Zugang zu einer gut koordinierten, interprofessionellen Betreuung erleichtern und ein reibungsfreies Ineinandergreifen von medizinischer und nichtmedizinischer Versorgung garantieren.

Wie sich Personenzentrierung in der Versorgung umsetzen lässt, zeigt in eindrucksvoller Weise die Metropolregion Hamburg, die in diesem Jahr die Länderpartnerschaft des DKVF übernimmt. Hamburg engagiert sich stark für die Digitalisierung in der Medizin, die Stärkung innovativer E-Health-Lösungen und für evidenzbasierte Versorgungsmodelle. So entstand zum Beispiel in den sozial schwächeren Stadtteilen Billstedt und Horn ein patientenorientiertes und sektorenübergreifendes Gesundheitsnetzwerk – es soll die medizinische Versorgung und den Gesundheitsstatus der Menschen verbessern, die schlechtere Gesundheitschancen haben als die Bevölkerung in anderen Stadtteilen Hamburgs. „E-Health-Anwendungen können die patientenzentrierte Versorgung entscheidend verbessern, indem sie Informationen bündeln und etablierte Behandlungswege ergänzen. Eine grundlegende Voraussetzung dafür ist die Bereitstellung einer geeigneten Infrastruktur. Neuerungen im Bereich Informations- und Kommunikationstechnik wurden bisher allerdings unter Verweis auf den Datenschutz nur schleppend eingesetzt“, betonte Cornelia Prüfer-Storcks, Senatorin für Gesundheit und Verbraucherschutz der Freien und Hansestadt Hamburg.

„Bei der Gestaltung und Umsetzung einer personenzentrierten Versorgung spielt die Versorgungsforschung eine wichtige Rolle“, sagte Priv.-Dozentin Dr. Monika Klinkhammer-Schalke, Vorsitzende des Deutschen Netzwerks Versorgungsforschung e.V. Für ein lernendes Gesundheitssystem und die dazu erforderlichen Modernisierungs- und Optimierungsprozesse sollte diese Forschung transferorientiert erfolgen – die Details dieses Transferprozesses sind in einem Positionspapier des Deutschen Netzwerks Versorgungsforschung zusammengefasst [1]. Die Autorinnen und Autoren des Papiers betonen darin zum einen, wie wichtig es sei, dass Forschungsergebnisse transparent gemacht und mit allen Beteiligten, einschließlich der Patientinnen, diskutiert werden. Zum anderen muss gemeinsam daran gearbeitet werden, dass neues Wissen aus der Forschung wirklich beim erkrankten Menschen ankommt. Umgekehrt müssen aktuelle Fragestellungen und Forschungsbedarfe aus der Praxis auch durch die Forschung aufgegriffen werden. „Wir brauchen gesamtgesellschaftlich konsentierte Versorgungsziele, die als Planungs- und Steuerungselement der Gesundheits- und Forschungspolitik dienen“, so Klinkhammer-Schalke. Das Deutsche Netzwerk Versorgungsforschung biete eine kompetente Plattform, um diesen Transfer zu moderieren und zu begleiten.

www.netzwerk-versorgungsforschung.de

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