Flugannullierungen, Ultras und sonstige Widrigkeiten

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Die Galatasaray-Fans konnten den RSV Lahn Dill auch mit einer Straßenblockade nicht vom Titelgewinn in der Champions League abhalten: Foto: Armin Diekmann

Der grandiose Erfolg des RSV Lahn Dill in der europäischen Königklasse mit dem sechsten Titelgewinn auf kontinentaler Ebene bedarf sicher noch einiger Zeit um diesen in vollem Umfang zu realisieren. Zu groß die Freude über den Finalerfolg im PalaMaggetti von Roseto, rund zehn Kilometer südlich von Giulianova. Der Erfolg in Italien ist dabei umso bemerkenswerter, da die Mittelhessen auf dem Weg zum Thron vielen Widrigkeiten getrotzt, dabei aber zahlreiche neue Rekorde aufgestellt haben.

Noch nicht richtig den Flughafen Frankfurt erreicht, kam die erste Hiobsbotschaft für den RSV. Die Information per SMS kam von Lufthansa, die nüchtern mitteilte, dass der Flug nach München annulliert wurde. Doch schon in diesem ersten Notfall zahlte sich das starke Netzwerk des deutschen Meisters aus, denn Partner Grimm Touristik aus Wetzlar übernahm sofort die Organisation und erreichte bei Lufthansa eine sofortige Umbuchung der 25 Flugtickets auf eine frühere Maschine.

So wurde der RSV dank Grimm und Partner Gimmler Reisen an Deutschlands größtem Flughafen bereits von Fraport-Servicemitarbeitern in Empfang genommen und im „Priority-Status“ auf die letzte Minute zu Flug LH104 gebracht, der den bis dato fünffachen europäischen Champion sicher nach München brachte, wo dadurch die einzige Maschine des Tages nach Ancona erreicht wurde.

An der italienischen Adriaküste erwartete den RSV dann die bekannte Hammergruppe, denn natürlich ist eine Vorrundengruppe mit den beiden italienischen Topklubs aus Cantu und Rom sowie der Übermannschaft Galatasaray Istanbul kein Zuckerschlecken. Die Istanbuler waren es dann auch die Michael Paye & Co. im weiteren Verlauf noch beschäftigen sollten. Zunächst stoppte eine Gruppe von Galatasaray Ultras mit Bengalos und einem Banner quer über die Fahrbahn die beiden Mannschaftsbusse kurz vor der Spielstätte PalaMaggetti. Nach rund fünf Minuten Verzögerung konnte der RSV dann sicher weiterfahren, um wenig später den Titelverteidiger vom Bosporus mit 80:50 förmlich auseinanderzunehmen.

Ungebetener Besuch in der Kabine

Diese Niederlage, die letztendlich verantwortlich für das frühe Ausscheiden von Galatasaray war, sollte dann jedoch erst der Startschuss für weitere Aktionen gegen die Wetzlarer Rollis werden. Anstatt die sportliche Leistung des eigenen Teams zu beleuchten, suchten die vermeintlichen Fans lieber die Schuld bei anderen. 30 Minuten vor Spielbeginn des Halbfinales war der RSV zum zweiten Mal Ziel der Ultras, die nicht nur Spieler und Crew in den Gängen der Sporthalle in Alba Adriatica abpassten und verbal aggressiv attackierten, sondern auch in die Kabine der Wetzlarer eindrangen.

Doch all dies konnte den RSV nicht aus der Ruhe oder von seinem großen Ziel abbringen. Am Ende stand er dort, wo er es sich erträumt hatte, im Endspiel um die europäische Krone. Am Tag des 36. Geburtstages von Björn Lohmann gelang dann der sechste Streich in der Champions League: „Man hätte mir kein schöneres Geschenk machen können, wie diesen Titel“, äußerte sich der Lowpointer tief bewegt nach der Schlusssirene.

500. Pflichtspiel für Dirk Köhler

Wie auch die neunte Finalteilnahme ist der sechste Titel für Deutschlands erfolgreichste Vereinsmannschaft ein neuer europäischer Rekord. Doch die Mannschaft des Trainergespanns Nicolai Zeltinger und Ralf Neumann kann mit weiteren Bestmarken aufwarten. Der Galaauftritt gegen Galatasaray war das 100. internationale Pflichtspiel für den Klub. Zudem hat RSV-Urgestein Dirk Köhler einen Rekord für die Ewigkeit gesetzt. Die 80:50-Demonstration gegen die Türken war zugleich das 500. Pflichtspiel für den gebürtigen Bad Hersfelder. Und auch der Brite Joe Bestwick freute sich über die Tatsache, dass er der erste Engländer seit 21 Jahren ist, der die wertvollste europäische Trophäe gewinnen konnte. 1994 waren die Sheffield Steelers, das letzte Team, das mit Briten im Kader den Titel holen durfte.

Bei der Wahl zum Allstarteam fiel die Entscheidung der acht Trainer auf gleich vier Bundesligaspieler. Zu dem Spanier Daniel Stix gesellte sich Raimund Beginskis und Aliaksandr Halouski vom viertplatzierten RSB Team Thüringen sowie Michael Paye und Steve Serio vom neuen Titelträger RSV Lahn-Dill. Nachdem bereits eine Woche zuvor die Goldmann Dolphins Trier im spanischen Getafe den André-Vergauwen-Cup gewannen, holt die deutsche Eliteklasse auch diesen Europapokal in die RBBL.

Ein Wochenende der Superlative für den RSV Lahn-Dill, seine Spieler, aber vor allem für seine treuen Fans, die ihn nunmehr seit 17 Jahren in ganz Europa begleiten, beschließt eine Saison, die mit dem Triple aus DRS-Pokal, deutscher Meisterschaft und nun Champions League Triumph endet.

 Andreas Joneck

 

 

 

 

 

 

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