Kritik an Werkstätten

Nicht zuletzt die scharfe Kritik am System der Werkstätten für behinderte Menschen in der ZDF-Sendung „Die Anstalt“ vom 20. Dezember 2022 hat nach Ansicht der LIGA Selbstvertretung deutlich gemacht, dass mehr Mut für klare Regelungen zur Inklusion behinderter Menschen in den allgemeinen Arbeitsmarkt nötig ist. Über fünf Milliarden Euro an Steuergeldern fließen in ein System, durch das circa 320.000 behinderte Menschen mit durchschnittlich 220 Euro pro Monat weit unter Mindestlohn und ohne die üblichen Arbeitnehmer- und Arbeitnehmerinnenrechte in Werkstätten für behinderte Menschen beschäftigt werden. Dies kritisiert die LIGA Selbstvertretung als Interessenvertretung von bundesweit aktiven Selbstvertretungsorganisationen behinderter Menschen. Der nun von der Bundesregierung verabschiedete Entwurf eines Gesetzes zur Förderung eines inklusiven Arbeitsmarktes enthalte zwar einige gute Ansätze, er ändere aber an den aussondernden Strukturen und Benachteiligungen behinderter Menschen auf dem Arbeitsmarkt kaum etwas, kritisiert der Sprecher der LIGA Selbstvertretung Ottmar Miles-Paul.

„So wichtig und richtig es ist, dass endlich eine vierte Staffel der Ausgleichsabgabe mit höheren Sätzen für die Betriebe eingeführt wird, die keinen einzigen behinderten Menschen beschäftigen, obwohl sie gesetzlich dazu verpflichtet sind. So verwunderlich ist es, dass dabei wieder eine Reihe von Sonderregelungen geschaffen und Verstöße gegen die Beschäftigungspflicht nicht mehr mit einem Bußgeld geahndet werden sollen. So wichtig es ist, dass die Deckelung des Lohnkostenzuschusses für die Förderung im Rahmen eines Budgets für Arbeit aufgehoben wird und damit höhere Zuzahlungen an Arbeitgeber*innen ermöglicht werden. So verwunderlich ist es, dass nach wie vor keine Beiträge für die Arbeitslosenversicherung für die Nutzer und Nutzerinnen des Budgets für Arbeit gezahlt werden sollen. So bleibt denjenigen, die mit dem Budget für Arbeit aus einer Werkstatt eine Anstellung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt finden, im Falle einer Beendigung dieser Beschäftigung oftmals kein anderer Weg als zurück in die aussondernden Werkstätten, weil für sie keine Beiträge für die Arbeitslosenversicherung bezahlt wurden“, erklärte Ottmar Miles-Paul.

Diese Beispiele machen nach Ansicht der LIGA Selbstvertretung das Hin und Her in Sachen inklusiver Arbeitsmarkt deutlich. Vor allem zeigten diese aber, wie weit Deutschland immer noch von einem inklusiven Arbeitsmarkt entfernt ist. Daher hofft der Zusammenschluss der Selbstvertretungsorganisationen behinderter Menschen nun auf die Bundestagsabgeordneten, dass diese bei der Verabschiedung des am 21. Dezember 2022 vom Bundeskabinett beschlossenen Gesetzentwurfs mehr Mut zeigen und ernsthafte Reformen für wirklich inklusive Arbeitsmöglichkeiten für behinderte Menschen verabschieden.

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