„Auch Jüngere mit Handicap sollten einen Schwerbehindertenausweis beantragen!“

Gemäß einer aktuellen Statistik hat nahezu jeder zehnte Deutsche einen Schwerbehindertenausweis und damit eine Behinderung mit einem Grad von mindestens 50. Allerdings handelt es sich bei der überwiegenden Mehrheit der Personen um Menschen aus der Altersklasse über 75. Dabei hätten auch viele Jüngeren Anspruch auf entsprechende Nachteilsausgleiche und die Feststellung einer Behinderteneigenschaft, schämen sich nach Ansicht des Allgemeinen Behindertenverbandes in Deutschland aber vor der Antragsstellung, gerade, weil sie sich am Arbeitsplatz vor einer etwaigen Schlechterstellung fürchten. Deshalb ermutigt der Sozialberater des ABiD e.V., Dennis Riehle: „Die Ängste vor dem Schritt zur Beantragung eines solchen Schwerbehindertenausweises sind weitgehend unbegründet und sollten daher niemanden davon abhalten, die eigenen Rechte in Anspruch zu nehmen“, erklärt der 37-Jährige, der selbst im Besitz dieses Dokuments ist. „Gerade im Job kann der Ausweis mögliche Forderungen nach Mehrurlaub, bevorzugter Einstellung, Hilfsmitteln oder einem verbesserten Kündigungsschutz begründen und ist damit in den allermeisten Fällen eher ein Türöffner, statt ein Bremser.“ Dennis Riehle verweist darauf, dass auch bei einer bestehenden Behinderung mit einem geringeren Grad als 50 eine Gleichstellung mit einem Schwerbehinderten im Arbeitsrecht möglich ist und sich deshalb ein entsprechender Antrag für jeden Menschen mit einem Handicap lohnt: „Denn leidglich für die fiktive Konstellation, wonach die Schwerbehinderung zu erheblichen Einschränkungen der Leistungsfähigkeit am Arbeitsplatz oder zum Umstand führt, dass der Betroffene gewisse Tätigkeiten aufgrund der Behinderung nicht ausführen kann oder darf, ist die Offenlegung der Schwerbehinderung gegenüber dem Arbeitgeber vonnöten. Für alle anderen Arbeitnehmer kann der Ausweis dagegen nur Vorteile bringen und muss dann auch nicht im Beruf kenntlich gemacht werden. Viel eher ist eben auch nur die Inanspruchnahme von steuerlichen Entlastungen denkbar – und dann hat die Schwerbehinderung den Chef überhaupt nicht zu interessieren.“ Die Antragsstellung erfolgt in der Regel beim Versorgungsamt des zuständigen Stadt- oder Landkreises und ist mit den entsprechenden, im Internet auffindbaren, Formularen möglich. In der Mehrheit der Fälle wird nach Aktenlage entschieden. Das heißt, die Behörde fordert von den behandelnden Ärzten entsprechende Befundberichte an und urteilt auf der Basis dieser Attestierungen innerhalb von zumeist drei bis vier Monaten. Eine Schwerbehinderung ist bei chronischen Erkrankungen, die länger als ein halbes Jahr andauern, anzunehmen. Schlussendlich stellt das Amt einen Grad der Behinderung (GdB) zwischen 0 und 100 fest. Gemäß dieser Einstufung können dann verschiedene Nachteilsausgleiche genutzt werden. Bei besonderen Fällen ist daneben auch die Feststellung zusätzlicher Merkzeichen angezeigt, beispielsweise bei stark eingeschränkter Gehfähigkeit oder bestehender Hilflosigkeit.

 

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