Bahnhof-WCs ohne Toilettentisch

Toilettentische für Rollstuhlfahrer
Frank Lackner von INTERROLLI.

Hinsichtlich des vor einiger Zeit erfolgten Umbaus der öffentlichen Toiletten im Bahnhof Göttingen übt die Internationale Bürgerinitiative für Rollstuhlfahrerinteressen (INTERROLLI) um Yvette Rother und Frank Lackner Kritik: Die Toilette sei nach wie vor nicht mit einem Toilettentisch für rückengeschädigte Rollstuhlfahrer ausgestattet. Die Bürgerinitiative fordert die Ausstattung der Bahnhofstoiletten mit solchen Tischen, die folgende Maße haben sollten: 50 cm Höhe, 100 cm Breite und 100 bis 150 cm Länge. Ein alter Prototyp eines solchen Tisches stehe übrigens im Neuen Rathaus Göttingen, so INTERROLLI in einer Mitteilung.

Rückengeschädigte Rollstuhlfahrer sind querschnittgelähmte Menschen, die nicht in der Lage sind, auf einem normalen WC zu sitzen. Sie müssen deshalb ihre Notdurft auf einem solchen Toilettentisch verrichten. „Ein normaler Wickeltisch für Babys und Kleinkinder reicht dabei nicht aus, da dieser in öffentlichen Toiletten für Rollstuhlfahrer in der Regel zu hoch angebracht und zu klein ist und bei der Benutzung durch Rollstuhlfahrer aus der Wandhalterung brechen kann“, erläutert Frank Lackner.

In der Regel seien Behindertentoiletten mit zwei Haltebügeln links und rechts des WCs sowie einem ca. 70 cm hohen und klappbaren Babywickeltisch ausgestattet. Meistens fehle in einem solchen Toilettenraum der Platz für einen speziellen Behindertentoilettentisch, manchmal sogar für einen Babywickeltisch. In der Bahnhofsbehindertentoilette von Göttingen sei jedoch dieser Platz vorhanden und nicht genutzt worden.

Im Rahmen zahlreicher Zugfahrten stellte INTERROLLI fest, dass viele Bahnhofsbehindertentoiletten gerade für rückengeschädigte Rollstuhlfahrer nicht ausreichend ausgestattet sind. Ähnlich sieht es in den Personenzügen aus. Obwohl INTERROLLI sich seit 1996 für die Ausstattung von Behindertentoiletten in Bahnhöfen und Zügen mit speziellen Toilettentischen für rückengeschädigte Rollstuhlfahrer einsetzt und für die ICE-3-Züge in Zusammenarbeit mit der Firma Alsthom-GmbH in Salzgitter sogar Behindertentoiletten konzipiert hat, stieß sie nach eigenen Angaben bei der Deutschen Bahn AG immer wieder auf heftigen Widerstand, der vor vielen Jahren in der Absage einer gemeinsamen Sitzung mit der Firma Siemens-Duewag in Krefeld gipfelte.

Vielmehr sei INTERROLLI von der Deutschen Bahn AG aufgefordert worden, ihre Beschwerden über nicht vorhandene Behindertentoilettentische für rückengeschädigte Rollstuhlfahrer endlich zu unterlassen. „Somit bleibt solchen Rollstuhlfahrern nur, entweder der unappetitliche und entwürdigende Weg, ihre Notdurft auf den Toilettenfußböden von Bahnhöfen und Eisenbahnzügen zu verrichten, während einer Zugfahrt einen Katheder bzw. ein Urinal zu tragen oder auf eine Zugreise ganz zu verzichten“, kritisiert die Bürgerinitiative. In einem der letzten Briefe an die Deutsche Bahn AG schlug INTERROLLI vor, dass sich die Verantwortlichen des Unternehmens doch einmal selbst in einen Rollstuhl setzen sollten, um einmal zu verstehen, wie diese Personengruppe mit den Widrigkeiten einer Zugreise zurecht kommt. Die Antwort der Deutschen Bahn AG, wonach das Unternehmen mit verschiedenen Behindertenorganisationen die barrierefreie Ausstattung von Bahnhöfen und Eisenbahnzügen gemeinsam erörtere und plane, steht nach Ansicht der Akteure von INTERROLLI  zumindest auf wackeligen Füßen und sei nur schwer zu akzeptieren.

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