Gesundheitswesen muss inklusiv gestaltet werden

„Gesundheitsleistungen müssen allen Menschen zur Verfügung stehen: barrierefrei, niedrigschwellig und teilhabeorientiert“. Dies hat Hubertus Heil, Bundesminister für Arbeit und Soziales (BMAS) in seiner Eröffnungsrede bei den 10. Inklusionstagen Anfang Mai 2023 in Berlin angemahnt. Gerade Menschen mit Behinderung müssten auf einfach zugängliche Angebote zurückgreifen können und sich auf unbürokratische Unterstützung verlassen können. Auf dem Weg zu einer inklusiven Gesellschaft bedarf es positiver Beispiele, der Blick auf die Defizite ist kein förderlicher. Das BMAS ist für die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention zur Inklusion zuständig und lud als Gastgeberin zu dieser inklusionspolitischen Veranstaltung ein. Zwei Tage konnten Teilnehmende, Vertreter und Vertreterinnen aus Verbänden und der Selbsthilfe mit Fachleuten und Vertretern und Vertreterinnen aus den Ministerien Netzwerken und über bestehende Barrieren, Wünsche und Lösungen diskutieren. Die Fördergemeinschaft rehaKIND e.V. war eingeladen, um über die Bedarfe und Bedürfnisse von Familien mit behinderten Kindern zu informieren und zum Thema bedarfsgerechte Hilfsmittelversorgung Schwachstellen im Versorgungsprozess zu benennen und Lösungswege aufzuzeigen. Um Strukturen zu verbessern ist politisches und gemeinschaftliches Handeln notwendig. Diese Vorgehensweise zeigt am Beispiel der Kooperation des Netzwerks Kinderreha rehaKIND mit dem Aktionsbündnis für bedarfsgerechte Heil- und Hilfsmittelversorgung Wirkung: Jürgen Dusel, Beauftragter der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderung konnte nach Absprache mit dem Gesundheitsminister Prof. Dr. Karl Lauterbach einen Gesetzesentwurf für Sommer 2023 in Aussicht stellen, um unbürokratischere Prozesse bei der Genehmigung von Hilfsmitteln zu etablieren. Zukünftig sollen bei Verordnungen für chronisch kranke und behinderte Kinder mit Hilfsmittelbedarf Überprüfungen durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen entfallen, sofern die Verordnung des Hilfsmittel von qualifizierter Stelle erfolgt wie zum Beispiel von Fachärzten, SPZs oder MZEBs. Gemeinschaftliches Engagement ist unerlässlich, um Bewegung in einen kleinen, aber besonders wichtigen Bereich zu bringen – der Versorgung schwerst behinderter Menschen: Aus der Petition einer betroffenen Mutter und Ärztin zur Blockadepraxis der Krankenkassen bei der Versorgung schwerst behinderter Kinder/ Erwachsener 2020 mit über 55.000 Unterstützenden bildete sich ein Berufs- und Vereinsübergreifendes Aktionsbündnis für bedarfsgerechte Heil- und Hilfsmittelversorgung. Nach vielen Gesprächen mit Politikern und Verantwortlichen wurde das Problem in diversen Gremien aufgegriffen und soll nun per Gesetz gelöst werden. Bürokratische Prozesse erschweren den Zugang zu Gesundheitsleistungen, die Belange der Patienten sind in den gesetzgebenden Verfahren nicht ausreichend berücksichtigt, das Misstrauen bei der Beantragung von Leistungen für Menschen mit Behinderung ist groß und ungerechtfertigt. Sanktionsmöglichkeiten bei schlechter und/oder verzögerter Umsetzung von Gesetzesvorgaben gibt es nicht, das föderale System macht es den Gesetzgebenden schwer, die Details der Umsetzung zu steuern und zu monitoren. Allen Beteiligten und politischen Vertretern war bei den Inklusionstagen bewusst, dass die Belange von Menschen mit Behinderung und von Patienten und Personengruppen mit hohem Unterstützungsbedarf nicht ausreichend berücksichtigt und gehört sind. Heike Baehrens (Sprecherin der Arbeitsgruppe Gesundheit der SPD) blickte bei der abschließenden Diskussionsrunde positiv nach vorne: „Auch die Reform des Gemeinsamen Bundesausschusses GB-A wird schnell angegangen, bis Ende 2023 möchten wir mehr Selbsthilfevertreter in die Patientenbeteiligung der Ausschüsse einbinden. Ebenso soll die Pflege einen größeren Stellenwert bei den Anhörungen erhalten. Bisher sind dort überproportional und zu viele Krankenkassen, Juristen und auch Ärzte vertreten.“ Angebote würden zu oft von Anbieter- aber nicht von Nutzerseite entwickelt. Kerstin Griese (SPD), Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales, hatte in ihrem Schlusswort für viele drängende Probleme „schnelle, teilhabeorientierte Lösungen und intensive Gespräche mit allen Beteiligten“ in Aussicht gestellt.

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