„Rollstuhlprojekt“ sucht engagierte Helfer

Bevor die Hilfsmittel auf die Reise gehen, werden sie von Hans-Peter Dentler (rechts) und seinem Team technisch alltagstauglich gemacht.

Über 40.000 behinderten Menschen weltweit hat der Karlsruher Hans-Peter Dentler in den vergangenen 16 Jahren zu einem beweglicheren und würdevolleren Leben verholfen – vorwiegend mit Rollstühlen und Gehhilfen, die er mit inzwischen stolzen 80 Schiffscontainern in über 20 Länder der Welt gebracht hat. In den meisten Fällen war er persönlich vor Ort, um die Hilfsmittel eigenhändig zu verteilen. Nun möchte er sich allmählich zurückziehen und sucht Nachfolger.

Die Rollstühle, Rollatoren und Gehhilfen, aber auch Prothesen, Fahrräder für Mobilitätseingeschränkte, Toiletten­stühle und Dekubitusmatratzen sind Sachspenden von Herstellern, Krankenkassen und Privatpersonen. Dentler sammelt diese in einer ehemaligen Kirche in Karlsruhe-Oberreut. Wenn nötig, werden sie dort auch auf eigene Kosten repariert. Dabei unterstützen den früheren Siemensmitarbeiter und Heilpraktiker ehrenamtlich tätige Pensionäre und junge erwerbslose Männer.

Nun ist Hans-Peter Dentler 72 Jahre alt, und denkt aus Altersgründen daran, das Projekt in jüngere Hände zu geben. Ein erster Schritt in diese Richtung war die Übernahme der Projektträgerschaft durch die Hilfsorganisation „Konvoi der Hoffnung“ im vergan­genen Jahr. Doch jetzt suchen die Beteiligten noch mehr ­ehrenamtliche Manpower. Konkret Koordinatoren, die die Hilfsmittelsammlungen, die Verschiffung und Verteilung organisieren, aber auch reisefreudige Menschen, die in ferne Länder ziehen, um die Hilfsmittel vor Ort an bedürftige Menschen zu verteilen.

Der persönliche Kontakt prägt

Das, was Hans-Peter Dentler vor Ort erlebt, ist oft erschütternd: „Viele behinderte Menschen werden von ihren Familien versteckt. Oft haben sie keinerlei Hilfsmittel, um am Leben teilzuhaben“, erzählt er. Der Bedarf sei unendlich groß. Daran habe auch die UN-Behindertenrechtskonvention nichts geändert.  Dentler hält einen Stapel Fotos in den Händen. Darauf zu sehen sind behinderte Menschen aus den ärmeren Ländern dieser Erde, die auf seine Hilfe warten. Er bekommt sie zugeschickt, von Hilfsorganisationen und Kliniken vor Ort. Aber Hans-Peter Dentler geht auch selber in die Dörfer und Städte und sucht die Betroffenen, die seine Hilfe am dringendsten benötigen. „In Sri Lanka bin ich mit einem Tuk-Tuk über Land gefahren“, erläutert er.

Ein Container wird beladen.

Das sei ein harter und sehr anstrengender Job. Aber wenn er den Kindern, Frauen und Männern, die wieder lachen können, in die Augen schaue, sei er selbst glücklich. Über die Jahre sind viele Freundschaften entstanden – mit dem Jungen aus Sri Lanka, der nur noch seinen Kopf bewegen kann, weil ihn vor vielen ­Jahren eine Kokosnuss im Genick traf oder mit der komplett ­gelähmten Frau aus Ruanda, die beim Genozid ihre ganze Familie verlor. Dentler versorgte sie mit E-Rolli und ­Laptop, so dass sie wieder am Leben teilhaben können.
Hans-Peter Dentler arbeitete vor vielen Jahren in einer Klinik in Sri Lanka. Er wollte Heilpraktiker werden und dort alternative Behandlungsmethoden lernen. Beim Erkunden des Landes stand er eines Tages auf Eisenbahnschienen, um einen herannahenden Zug zu fotografieren. Dabei bemerkte er nicht, dass von hinten auch ein Zug kam – eine Frau rettete ihm das Leben. Dafür wollte er seine Dankbarkeit zeigen. Da die Frau aus besseren Verhältnissen kam, half er einem behinderten Mädchen. Er schickte ihr einen Rollstuhl und ermöglichte ihr eine Operation in Deutschland. So fing alles an.

Helfer dringend gesucht

Während unseres Gesprächs wird gerade wieder ein Container für Sri Lanka beladen. Im dunklen Inneren des Gotteshauses stapeln sich die gespendeten Rollstühle, die noch für die Verschiffung zurecht gemacht werden müssen. Es gibt viel zu tun, und wer helfen möchte, sollte sich schnell melden. Zum Einlernen des Helfer-Nachwuchses möchte Hans-Peter Dentler noch ein paar Reisen unternehmen – und sich dann nach und nach zurückziehen. „Wer loslässt, hat zwei Hände frei“, sagt er lächelnd. Aber so ­richtig glauben kann man ihm das nicht, dass er seinem „Kind“ tatsächlich komplett den Rücken kehrt.
Wie können Interessierte außerdem helfen? Rüstige Rentner und andere Interessierte können ehrenamtlich in der Werkstatt mitarbeiten. Wer handwerklich nicht so erfahren ist, wird gerne angelernt. Die Kirche befindet sich in der Albert-Braun-Straße in 76189 Karlsruhe-Oberreut. Hilfsmittel wie Rollstühle, Gehböcke und Rollatoren, aber auch Hörgeräte und Brillen können von Montag bis Freitag vormittags abgegeben werden.    kr

Artikel als PDF.

Man kann aber auch Geld spenden an:
Konvoi der Hoffnung e.V.
Stichwort „Behindertenhilfe“
Sparkasse Karlsruhe
IBAN:
DE86 6605 0101 0203 1558 09

Weitere Artikel

Letzte Beiträge