Keine körperliche Hilfe durch DB-Personal für Rollstuhlfahrer

Interrolli contra Deutsche Bahn
Frank Lackner von INTERROLLI.

Nach längerer Wartezeit hat die INTERROLLI-Bürgerinitiative jetzt ein Schreiben von der Deutschen Bahn AG zum Thema der körperlichen Nichthilfe für Rollstuhlfahrer durch das DBAG-Personal in Eisenbahnpersonenzügen erhalten. INTERROLLI hatte eine entsprechende Anfrage an den Vorstandsvorsitzenden der Bahn, Rüdiger Grube, geschickt (RehaTreff berichtete, s.u.). Sie wollte damit Klarheit darüber schaffen, ob Bahnangestellte Rollstuhlfahrern körperlich behilflich sein dürfen, beispielsweise beim Umsetzen oder beim Toilettengang. Bahnangestellte hatten dies gegenüber Mitgliedern der Bürgerinitiative verneint.

Rainer Hahn von der Kontaktstelle für Behindertenangelegenheiten der Bahn schrieb die Antwort auf diese Anfrage, im Auftrag von Rüdiger Grube. Er verweist darauf, dass die Bahn keine Spezialbeförderungen durchführen kann; Zitat: „Bitte erlauben Sie uns den Hinweis, dass derjenige, der im Öffentlichen Personenverkehr reist, sich grundsätzlich auf die dort bestehenden Bedingungen einstellen muss. Als Reisender akzeptieren Sie die Beförderungsbedingungen der Verkehrsunternehmen bzw. der Verkehrsverbünde. Spezialbeförderungen müssen durch Unternehmen durchgeführt werden, die auf die spezifischen Bedürfnisse der Kunden eingestellt sind. Dabei sind technisch-organisatorische Voraussetzungen ebenso zu betrachten, wie die Ausbildung der Mitarbeiter und deren Aufgabenstellung.“

Rainer Hahn weist ebenfalls darauf hin, dass die Toiletten in den Zügen nicht für spezielle Bedürfnisse geschaffen worden sind und dass der Notruf ebenfalls nicht für  solche Bedürfnisse eingerichtet ist:  „Die Verrichtung einer Notdurft auf dem Boden einer Toilette zählt nicht zu den Zwecken, für die diese Einrichtungen angeboten werden. Ebenso darf die Notruffunktion in den Zügen der Deutschen Bahn nicht für bewusst herbeigeführte Problemlagen missbraucht werden. Davon völlig unabhängig ist die selbstverständliche Hilfeleistung in tatsächlichen Notfällen.“

Die Bahn verweist in dem Antwortschreiben, das der RehaTreff-Redaktion vorliegt, darauf, dass Reisende mit Behinderungen mit speziellen Bedürfnissen speziell geschulte Begleiter haben müssten. Das Bahnpersonal könne eine behinderungsspezifische Assistenz nicht leisten:  „Wenn Sie weiterhin die Züge der Deutschen Bahn nutzen möchten, bitten wir Sie, dafür Vorsorge zu treffen, dass ein Bedarf von Hilfeleistungen, den die Deutsche Bahn nicht anbieten kann, vermieden wird. Unsere Mitarbeiter sind nicht darin geschult, Menschen vom Boden in einen Rollstuhl zu heben. Wenn wir auch die Haftungsfragen hier einmal außer Acht lassen, können Sie nicht erwarten, dass eine solche Hilfeleistung sachgerecht und unfallfrei durchgeführt werden kann. Dies könnte möglicherweise eine Assistenzperson, die Sie auf Reisen begleitet, leisten. Zudem handelt es sich bei solchen körperlichen Hilfen um Eingriffe in die Intimsphäre, zu denen unsere Mitarbeiter nicht verpflichtet werden können.“„Schließlich möchten wir auch noch auf die Hygieneaspekte hinweisen, die bei einer zweckfremden Nutzung der Toiletten entstehen können. Ggf. entsteht ein zusätzlicher Reinigungsbedarf oder sogar die Notwendigkeit, die Toilette außer Betrieb zu nehmen. Bitte bedenken Sie dies. Sie haben sicher Verständnis dafür, dass wir uns über die Frage von Alternativen des Toilettengangs bzgl. Ihres speziellen Krankheitsbildes kein Urteil erlauben können und uns hierzu auch keine Einschätzung anmaßen möchten. Deshalb möchten wir Sie bitten, in lhrem eigenen, aber auch im lnteresse der Mitreisenden und der Verkehrsunternehmen, geeignete Wege zu finden, damit allen Beteiligten bei der Nutzung von Massenverkehrsmitteln Genüge getan wird.  Vielen Dank für lhre Unterstützung!“

Die INTERROLLI möchte diese Angelegenheit nun verstärkt in die Öffentlichkeit bringen sowie u.a. auch im Rahmen weiterer Zugfahrten Rollstuhlfahrer einmal fragen, wie sie das Toilettenproblem während einer Zugfahrt lösen. Auf jeden Fall bleibe das Ziel der INTERROLLI, niedrigere Toilettentische in den Zugtoiletten durchzusetzen, so ihr Fazit. Die Internationale Bürgerinitiative für Rollstuhlfahrerinteressen (INTERROLLI) um Yvette Rother und Frank Lackner kritisiert seit längerem, dass die Toiletten der Deutschen Bahn nach wie vor nicht mit einem speziellen Toilettentisch für rückengeschädigte Rollstuhlfahrer ausgestattet sind. Die Bürgerinitiative fordert die Ausstattung, auch der Bahnhofstoiletten, mit solchen Tischen, die folgende Maße haben sollten: 50 cm Höhe, 100 cm Breite und 100 bis 150 cm Länge. Rückengeschädigte Rollstuhlfahrer sind querschnittgelähmte Menschen, die nicht in der Lage sind, auf einem normalen WC zu sitzen. Sie müssen deshalb ihre Notdurft auf einem solchen Toilettentisch verrichten. „Ein normaler Wickeltisch für Babys und Kleinkinder reicht dabei nicht aus, da dieser in öffentlichen Toiletten für Rollstuhlfahrer in der Regel zu hoch angebracht und zu klein ist und bei der Benutzung durch Rollstuhlfahrer aus der Wandhalterung brechen kann“, erläutert Frank Lackner.

Die bisherige RehaTreff-Berichterstattung zu diesem Thema:

https://www.rehatreff.de/bahnhof-wcs-ohne-toilettentisch/

https://www.rehatreff.de/bahnpersonal-darf-rollstuhlfahrern-nicht-koerperlich-helfen/

https://www.rehatreff.de/rollstuhlfahrer-brach-sich-vermutlich-auf-zugtoilette-ein-schienbein/

 

 

 

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