Helios Klinik Kipfenberg setzt Gangroboter in der Therapie von Querschnittpatienten ein

Felix Meißner (31) leidet an einem Querschnittsyndrom. Seit einer Operation am Rückenmark vor einem Jahr ist der Business Consultant teilweise gelähmt. Mühsam musste er das Aufstehen und Gehen in der Klinik Kipfenberg wieder lernen. „Das war harte Arbeit“, sagt er. „Aber nicht nur für mich, sondern auch für die zwei bis drei Therapeuten, die mich stabilisieren mussten. Mit ihren Händen haben sie meine Füße – einen nach dem anderen – auf den Boden gesetzt, so dass ich einige Meter laufen konnte.“ Das hat Meißner, der sich immer selbstständig versorgt hat, sehr belastet, doch er kämpfte weiter. Nach drei Wochen klassischer Therapie, bekam die Klinik einen Gangroboter, ein sogenanntes Exoskelett. „Das Exoskelett ist ein bisschen wie der Anzug des Helden im Kinofilm ‚Ironman‘. Es stützt den menschlichen Körper von außen und hilft ihm beim Gehen“, erklärt Prof. Dr. Dennis A. Nowak, Ärztlicher Direktor der Helios Klinik Kipfenberg: „Optimal für den Einsatz bei Patienten mit einer Querschnittlähmung.“ Knappe zehn Minuten dauert es, die Mechanik am Patienten zu befestigen. Durch Bewegungen mit dem Rumpf steuert der Träger den Roboter, kann Schrittlänge und Schrittgeschwindigkeit beeinflussen. „Es ist unglaublich, nach so langer Zeit wieder auf seinen eigenen Beinen zu stehen und die Perspektive zu haben, bald auch ohne technische Hilfe gehen zu können“, erklärt Meißner glücklich. Zwar marschiert er noch etwas unsicher und begleitet von einem Physiotherapeuten, aber doch selbstständig den Flur entlang. Sein Oberkörper und seine Beine stecken in einer mechanischen Hülle. Schienen und Gelenke, computergesteuert und von Motoren angetrieben, stützen und bewegen seine Beine.

Die Idee der Exoskelette stammt ursprünglich aus der Rüstungsindustrie. Soldaten sollten vor Ermüdung geschützt große Lasten tragen können. „Der Einsatz des Systems in der Rehabilitation ist ein großer Gewinn“, meint Prof. Nowak. „Auch wenn viele Fragen wissenschaftlich noch unbeantwortet sind, so beobachten wir doch eine Vielzahl positiver Effekte. Die Patienten blühen auf. Eine krankhaft erhöhte Muskelanspannung baut sich ab, Blasen- und Darmfunktion, häufige Probleme bei einer Querschnittlähmung, verbessern sich. Gelenkfehlstellungen, selbst Knochenschwund, werden weniger.“

Sabine Kiebler, Teamkoordinatorin des Querschnittzentrums, hat schon mehrfach miterlebt, was der Gangroboter für Patienten emotional bedeutet: „Der Roboter ist eine Art Zwischenstation auf dem Weg zum selbstständigen Gehen. Der Patient ist weniger auf andere angewiesen. Alltägliche Handlungen wie Umdrehen im Bett oder Umsetzen in den Rollstuhl, verbessern sich ebenfalls. All das bedeutet sehr viel für die Psyche und bewirkt einen riesen Motivationsschub.“ Laut Nowak könne der Gangroboter den Rollstuhl allerdings noch nicht ersetzen. „Das Exoskelett ist eine gute Ergänzung der Therapie, kann eine vorhandene Lähmung aber nicht heilen“, betont er. „Wir wollen das Exoskelett vor allem Menschen nach einem Schlaganfall und mit Querschnittsyndromen zur Behandlung anbieten. Für diese Patienten gibt es weltweit die meiste Erfahrung“, betont Nowak. Schließlich arbeite man in der Klinik erkenntnisgetrieben und nach wissenschaftlichen Maßstäben.

Ein noch seltenes Therapieangebot in Deutschland
Gangroboter sind in Deutschland an nur wenigen Kliniken im Einsatz – die Helios Klinik Kipfenberg ist jetzt eine davon. Klinikgeschäftsführerin Dr. Ute Haase ist von der Anschaffung überzeugt. „Wenn ich sehe, was es für unsere Patienten bedeutet aufzustehen und zu laufen, dann hat sich die Anschaffung auf jeden Fall gelohnt.“

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