Inkontinenz muss die Partnerschaft nicht belasten

Inkontinenz
Prof. Dr. med. Daniela Schultz-Lampel, Mitglied im Expertenrat der Deutschen Kontinenz Gesellschaft und Klinikdirektorin des Kontinenz- und Beckenboden-Zentrums der Schwarzwald-Baar-Klinik. Foto: Deutsche Kontinenz Gesellschaft

Während das Thema Sex schon längst kein gesellschaftliches Tabu mehr darstellt, fristet die Harninkontinenz immer noch ein Schattendasein in der Öffentlichkeit. Aus Scham schweigen immer noch viele Betroffene und verzichten damit auf ärztliche Hilfe. Dabei leidet bereits heute jeder zehnte Deutsche unter der Volkskrankheit, die auch die Partnerschaft stark belasten kann. In einer der wenigen Studien zu den Auswirkungen von Inkontinenz auf das Liebesleben (Salonia et al, 2000) berichteten 46 Prozent der Inkontinenz-Patientinnen, dass sie sexuelle Funktionsstörungen haben. Aus Angst, während des Geschlechtsaktes Urin zu verlieren, schrecken viele gänzlich vor intimen Situationen zurück. Doch Inkontinenz muss einem entspannten Umgang mit Sexualität nicht im Wege stehen, weiß Prof. Dr. med. Daniela Schultz-Lampel, Mitglied im Expertenrat der Deutschen Kontinenz Gesellschaft und Klinikdirektorin des Kontinenz- und Beckenboden-Zentrums der Schwarzwald-Baar-Klinik. Für ein erfülltes Liebesleben trotz Inkontinenz rät sie Betroffenen, folgende vier Punkte zu beachten:
1. Denken Sie daran, rechtzeitig die Blase zu entleeren und auf vorherigen Konsum von Kaffee und Tee zu verzichten! Handtücher, spezielle Unterlagen und Kondome bieten zusätzliche Sicherheit. Suchen Sie sich Positionen, bei denen der Druck auf die Blase gering ist. Führen Sie sich und Ihrem Partner vor Augen: Urin ist keine Infektionsquelle und kann somit vollkommen unbedenklich an die Haut gelangen.
2. Aktives Beckenbodentraining wirkt der Inkontinenz entgegen – das minimiert grundsätzlich die Gefahr, Urin zu verlieren. Und ganz nebenbei steigern Sie damit auch Ihre Lustfähigkeit. Entsprechende Übungen kennen speziell ausgebildete Physiotherapeuten, die Sie in jedem von der Deutschen Kontinenz Gesellschaft zertifizierten Kontinenz- und Beckenboden-Zentrum finden.
3. Lassen Sie nicht zu, dass eine Erkrankung Ihre Partnerschaft gefährdet! Auch der Partner muss über das Leiden informiert werden, damit er das bisherige Verhalten und Zurückschrecken vor Intimität besser einordnen kann. Oft ist es einfacher, mit den eigenen Ängsten oder Unsicherheiten zu beginnen, als den anderen mit einer Diagnose zu konfrontieren – der Rest ergibt sich dann im Gespräch. Bislang thematisieren nur 30 Prozent der Betroffenen das Problem – eine erschreckend niedrige Zahl. Besonders ältere Menschen haben weder gelernt, offen über Sexualität, noch frei über Kontinenz-Probleme zu sprechen.
4. Fassen Sie sich ein Herz und gehen Sie zum Arzt! Ein Gespräch mit dem Hausarzt ist ein guter Anfang. Für einen differenzierten Befund wenden Sie sich am besten an die durch die Deutsche Kontinenz Gesellschaft zertifizierten ärztlichen Beratungsstellen und Zentren. Denn eine sorgsame Diagnose ist bei einer komplexen Erkrankung wie der Inkontinenz die wichtigste Voraussetzung für eine erfolgreiche Behandlung. Mittlerweile kann jedem geholfen werden, da es unzählige Hilfs- und Heilmittel sowie die verschiedensten Operationsmethoden gibt, die die Krankheit heilen oder zumindest den täglichen Umgang mit ihr erleichtern. Denn sogar für Patienten, die als austherapiert gelten, ist es dank moderner Hilfsmittel möglich, ein normales Leben zu führen – ohne einen Rückzug aus der Öffentlichkeit oder der Partnerschaft.
Weitere Informationen:
Übersicht der ärztlichen Beratungsstellen und Kontinenz- und Beckenboden-Zentren, die von der Deutschen Kontinenz Gesellschaft zertifiziert sind: www.kontinenz-gesellschaft.de
Übersicht ausgebildeter Beckenbodentherapeuten: https://www.ag-ggup.de

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