Erfolgreicher FocusCP-rehaKIND Kongress 2023

„Kinder mit Behinderung und Unterstützungsbedarf und deren Familien müssen Mittelpunkt unserer gemeinsamen Anstrengung werden.“ Mit diesem Appell eröffneten rehaKIND-Kongresspräsidentin Dr. Maria del Pilar Andrino aus Essen und Professor Dr. Thomas Dreher aus Zürich für die Vereinigung für Kinderorthopädie VKO den gemeinsamen Kongress von Focus CP rehaKIND. Nach zwei pandemiebedingten Verschiebungen konnte dieses Erfolgsformat zum zweiten Mal an den Start gehen. Auch die Gesellschaft für Neuropädiatrie GNP und die Deutsche Gesellschaft für Sozialpädiatrie und Jugendmedizin DGSPJ sind Träger des Kongresses. Mit 1.200 Kongressteilnehmenden, 69 Ausstellern und 170 Referenten und Referentinnen in einem mehrzügigen Programm führte dieses Format das Wissen aus allen medizinischen Fachdisziplinen, der orthopädie- und Rehatechnik und die Bedürfnisse der Betroffenen vom 1. bis 4. Februar 2023 in den Messehallen Dortmunds zusammen.

„Inklusion ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe“

Jürgen Dusel als Beauftragter der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderung und Schirmherr des Kongresses erkennt die Verpflichtung für die Politik, gelingende Rahmenbedingungen für zweitnahe und individuelle Kinderversorgung zu schaffen und gibt verbindliche Zusagen zur Umsetzung in der nahen Zukunft. Prof. Dr. Heribert Prantl appelliert als Autor, Jurist und Journalist an die Gesellschaft, Inklusion als gemeinsame Aufgabe und Pflicht zu sehen und alles dafür zu tun, Menschen mit besonderen Bedarfen die Teilhabe zu ermöglichen. Auch die Basler Philosophin Dr. Barbara Schmitz mahnte zum Thema „Lebenswertes Leben“ an, die Außenbetrachtung auf Menschen mit Behinderung abzulegen, und deren Bewertung und Wünsche in den Mittelpunkt unseres Handelns zu stellen.

„Hier finde ich Menschen, mit denen ich gerne zusammenarbeiten möchte!“

Die Kongresspräsidenten der medizinischen Fachgesellschaft VKO Prof. Dr. Thomas Dreher und Prof. Dr. Rüdiger Krauspe luden mit einem hochkarätigen Programm aus wissenschaftlichen, medizinischen und therapeutischen Themen zum multiprofessionellen Arbeiten ein und boten allen Teilnehmenden die Möglichkeit, über den Tellerrand zu schauen und tiefe Einblicke in die Arbeitsweisen anderer Disziplinen und Professionen zu erhalten; Die Digitalisierung ermöglicht der Medizin über Künstliche Intelligenz als Diagnosehilfe Daten zu erheben, die von Fachleuten für den Menschen ausgewertet werden muss. Mit digitaler Technik und per App können Menschen/ Patienten mobilisiert werden. Aber nur durch das Wissen der Fachleute kann dieser Input gewinnbringend bewertet und genutzt werden. Gentherapien und neue Medikamente eröffnen gerade in der Neurologie ein großes Potential für Familien. In der Frühdiagnostik liegt die Chance, durch schnelles und abgestimmtes Handeln die kindliche Entwicklung positiv zu beeinflussen. Eine umfassende Datenerhebung und gemeinsamer Zugriff auf ein Register sind bei einer kleinen Patientengruppe mit geringen Fallzahlen unerlässlich, um evidenzbasiertes Handeln zu ermöglichen. Workshops zu OP-Techniken, Mess – und Behandlungsverfahren boten die Möglichkeit, den eigenen Blick zu weiten und die Erkenntnis, die Kooperation mit den beteiligten Familien als gelingenden Faktor zwingend in die Verfahren einzubeziehen.

ViSdP: www.focuscprehaKIND.de, 09.02.2023 Christiana Hennemann, info@rehaKIND.com

Der Übergang von der Kinder- in die Erwachsenenmedizin ist noch nicht gut gelöst: das Thema Transition steht auf der Agenda der Mediziner weit oben. Die Arbeitsweise der SPZ kann als Blaupause für die MZEB dienen – bei ausreichend finanzieller und personeller Ausstattung.

Prof. Dr. Florian Heinen als Präsident GNP: „Das Abrechnungssystem unserer Krankenkassen zeigt eine Schieflage: Während das 5. MRT komplett abgerechnet wird und doch nur die Ergebnisse der vier MRT davor bestätigt, wird das Patientengespräch und die so notwendige Abstimmung der Beteiligten untereinander komplett vernachlässigt. Wenn Begleitung und Austausch von der Politik und unserem System gewünscht muss es auch entsprechend finanziert werden.“

„Die Hilfsmittelausstellung ist ein Juwel“

Die den Kongress begleitende Ausstellung bot eine Vielzahl an Hilfsmitteln zum Ausprobieren und Beratung. Versorgungen müssen den Behinderungsausgleich ermöglichen und sich teilhabe- orientiert an den Ressourcen der Kinder orientieren. Diese müssen schnell und unbürokratisch zur Verfügung stehen, um die kleinen Entwicklungszeitfenster der Kinder zu nutzen.

Orthopädie- und Rehatechnik gehören zusammen und sind Teil des multiprofessionellen Teams. Die obere Extremität muss mehr in den Fokus gerückt werden: Mobilität ist wichtig und eine gute Kopf- und Rumpfkontrolle ist entscheidend für Teilhabe und Aktivität.

Deutschland muss bei Registerforschung nachlegen: Allgemein zugängliche Daten sind wichtig, um evidenzbasiert und leitlinienorientiert versorgen zu können.

„Familien sind keine Bittsteller im System, sondern Partner!“

Die Familien unserer Kinder geben uns im Verlauf des Kongresses viele Botschaften und Appelle auf den Weg: Kinder haben ein Recht auf Teilhabe und Bildung. Eltern benötigen Rückhalt und Unterstützung in ihrem Alltag, sie sind die wichtigsten Bezugspersonen und Experten für die Bedürfnisse ihrer Kinder und damit unverzichtbare Kooperationspartner im Versorgungsprozess. Familien sind keine Bittsteller: Ihren Wünschen sollte nicht mit Misstrauen begegnet werden und in bürokratischen Prozessen aufgerieben werden. Leistungen müssen unbürokratisch und schnell zur Verfügung stehen, eine zentrale Beratungsstelle als Anlaufstelle durch das bürokratische Dickicht hilft allen Beteiligten – auch bei der Durchsetzung ihrer Rechte. Hier müssen klare Zuständigkeiten, Fristen und auch Sanktionen bei Nichterbringung einer Leistung vereinbart werden. Eine bessere Vereinbarkeit von Pflege und Beruf ist notwendig, um Familien zu entlasten. Alle Beteiligten auf diesem Kongress bekräftigen, dass die knappen Ressourcen nicht in überregulierten Prozessen versanden dürfen, die kein Mehr an Behandlungs – und Versorgungsqualität erbringen.

„Gute Medizin gelingt mit guten Strukturen“

Dieser Appell geht an alle Verantwortlichen in der Politik. Wir müssen es ernst meinen mit unserer Wertschätzung und Unterstützung aller Kinder, derer Familien und aller am Versorgungsprozess Beteiligten. „Der multiprofessionelle und interdisziplinäre Austausch ist ein Prozess, der in dem Kongressformat FocusCP rehaKIND eine ideale Plattform gefunden hat. Ein Update gibt es in drei Jahren erneut in Dortmund“, versichert Prof. Dr. Volker Mall von der DGSPJ.

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