Charlotte Roth – Als der Himmel uns gehörte

Als_der_Himmel_unsEine Hymne auf den Sport

„Als der Himmel uns gehörte“, ist der neue Roman der Bestseller-Autorin Charlotte Roth. Das Buch, das am 1. April bei Droemer-Knaur erscheint, handelt vom Zauber, den die Olympischen und die Paralympischen Spiele ausüben. Charlotte Roth ließ sich von London 2012 zu dieser Geschichte inspirieren.

Die junge britische 10.000-Meter-Läuferin Jennifer will an den Olympischen Spielen in London teilnehmen. Aber Panikattacken gefährden diesen Traum. Mit ihrem Trainer reist sie deshalb nach Mandeville auf den Landsitz ihrer Familie. Sie möchte sich bei ihrer fast 100-jährigen Urgroßmutter Alberta Rat holen. Denn die gebürtige Deutsche Alberta war auch einmal Olympionikin. Sie hatte 1936 in Berlin im Bogenschießen Gold geholt.

Das Buch langweilt seine Leser jedoch im Folgenden nicht mit einer Abhandlung darüber, wie Sportler ihre Psychokrise überwinden. Erzählt wird viel mehr auf zwei Zeitebenen eine Familiengeschichte, in der die euphorisierende Kraft des Sports und des olympischen Gedankens im Zentrum stehen. Es geht um das Gefühl von unendlicher Freiheit und Stärke, das der Sport den Menschen gibt. Ein Gefühl, das alles andere im Leben in den Hintergrund treten lässt – manchmal jedoch mit fatalen Folgen: Urgroßmutter Alberta, Tochter eines Berliner Sportreporters, und ihr Freund, der Olympia-Springreiter Hannes, werden zu ihrer großen Zeit, als ihnen der Himmel zu gehören scheint, vom Nazi-Regime als makelloses Olympia-Traumpaar für Propagandazwecke missbraucht. Sie spielen das Spiel mit, das jedoch schließlich ihren Traum vom grenzenlosen Himmel abrupt zerstört. Auch Olympiahelden können sich der Grausamkeit von Judenverfolgung, Euthanasie und 2. Weltkrieg nicht dauerhaft entziehen.

Wie gut, wenn man da die richtigen Freunde hat: Der britische Olympia-Springreiter James, seit den Olympischen Spielen 1932 in Los Angeles ein Freund des Paares, für Hannes aber auch Konkurrent im Sport und in der Liebe, erweist sich als Retter in der Not. In einer Nacht- und Nebelaktion rettet er mit seinem britischen Militärflugzeug den körperbehinderten Neffen und den jüdischen Onkel von Alberta von einer Nordseeinsel vor der Verfolgung durch die Nazis. Sie flüchten nach England. Alberta aber bleibt trotz ihrer Gefühle für James auf der Nordseeinsel zurück und geht schließlich auf einem beschwerlichen Fußmarsch zurück nach Berlin, um in den Kriegswirren ihre Familie zu suchen. Alle leben, aber ihr Mann Hannes, der sich aus Angst vor den Nazis von Alberta abgewandt hatte, stirbt an der Front.

Am Ende wendet sich das Blatt. James, durch den Krieg vom Sporthelden zum Querschnittgelähmten gemacht, braucht nun Albertas Hilfe. Neuen Mut gibt sie ihm zusammen mit dem jüdischen Arzt Dr. Ludwig Guttmann, einem Freund ihrer Familie. Im Zentrum steht dabei wieder der Sport. James entdeckt, zusammen mit anderen Patienten Guttmanns, für sich Albertas geliebten Sport, das Bogenschießen. Es ist die Geburtsstunde der Paralympics.

Am Ende des Buches geht es gar nicht mehr darum, ob Jennifer in London 2012 Gold gewinnt. Viel wichtiger nach allem ist, dass sie die Stiftung für Behindertensport ihrer Urgroßmutter Alberta fortsetzt. Denn die Geschichte ihrer Familie öffnete ihr die Augen, für das was wirklich wichtig ist: Die grenzenlose Weite des Himmels, der Sport als euphorisierendes Lebensglück, steht jedem offen – egal welcher Herkunft er ist und welche körperlichen Voraussetzungen er hat.

„Als der Himmel uns gehörte“ ist ein fiktiver Roman, in den Charlotte Roth aber wahre historische Begebenheiten eingearbeitet hat. Beispielsweise die Geschichte des jüdischen Arztes Sir Ludwig Guttmann, der als Begründer der modernen Querschnittbehandlung in Stoke Mandeville gilt. Der Leser besucht drei verschiedene Olympische Spiele (auch die 1932 in Los Angeles) und meint dabei immer, auf einer sehr familiären Veranstaltung zu sein. Ein Höhepunkt jagt den nächsten, am Ende hat man das Gefühl, das Buch hätte noch 600 zusätzliche Seiten gebraucht, um allen Olympiamedaillen, politischen Geschehnissen und den Wirrungen der Liebe gerecht zu werden. Vor allem ist es aber ein unterhaltsames und zugleich mahnendes Plädoyer für den inklusiven und völkervereinenden Gedanken des Sports.

Katja Rosdorff

 

Charlotte Roth

Als der Himmel uns gehörte

Droemer Knaur Verlag 2015

ISBN 978-3-426-51664-5

Taschenbuch 9,99 Euro

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