Teil II der italienischen Reise für RSV Lahn-Dill

Rollstuhlbasketball Champions League
Würden gerne wieder jubeln: Kapitän Michael Paye (li.) und Steve Serio. Foto: Armin Diekmann

Einst war es Johann Wolfgang von Goethe, der 1786 zu seiner berühmten italienische Reise aufbrach. Am Donnerstag wird es der frisch gebackene deutsche Doublegewinner RSV Lahn-Dill sein, der bereits zum zweiten Mal binnen sechs Wochen nach Bella Italia aufbricht. Ziel der 27-köpfigen Delegation des fünffachen Champions League Siegers ist Giulianova in den Abruzzen, wo vom 1. bis 3. Mai die Entscheidung in der europäischen Königsklasse fällt. Die Wetzlarer Rollis haben in der Vorrunde dabei eine Hammergruppe erwischt, deren Protagonisten alle die Chance und das gleichzeitige Ziel haben, das Halbfinale zu erreichen. Hierzu müssten Kapitän Michael Paye & Co. mindestens Platz zwei in dieser Vierergruppe erreichen.

Der Topfavorit

Erster Gegner ist gleich am Freitag um 15:45 Uhr im 4.500 Zuschauer fassenden Palamagetti von Roseto, rund zehn Kilometer südlich von Giulianova, direkt an der Adriaküste, das Überteam Galatasaray Istanbul. Der türkische Meister, der zugleich auch Titelverteidiger auf europäischer Bühne ist, darf als der große Favorit angesehen werden, der international zuletzt 2012 von einem Gegner bezwungen werden konnte. Damals im Sinan Erdem Dome von Istanbul war es ausgerechnet der RSV Lahn-Dill, der dem Team vom Bosporus die bereits geplante Triumphfeier im Finale verdorben hat. Mit allein sechs türkischen Nationalspielern, die bei der WM in Südkorea im vergangenen Jahr mit Bronze dekoriert wurden, den beiden auch in der deutschen RBBL noch gut bekannten polnischen Ausnahmespieler Piotr Luszynski und Mateusz Filipski sowie dem 2,02m großen kolumbianischen Center Rodney Hawkins ist der türkische Meister bärenstark besetzt und das Maß aller Dinge.

Zwei Jubiläen im Auftaktspiel gegen Galatasaray

Die Auftaktpartie ist aber nicht nur die Neuauflage der beiden Champions League Endspiele von 2011 und 2012 sowie dem letztjährigen Halbfinale von Madrid, sondern auch ein doppeltes Jubiläum für die Wetzlarer. Zum einen ist die Partie gegen Galatasaray das 100. internationale Pflichtspiel für die Hessen, zum anderen auch das 500. Pflichtspiel von RSV-Urgestein Dirk Köhler für seine Lahn-Diller. Ein Rekord für die Ewigkeit, den nur der seit 1992 für die Wetzlarer aktive Center selbst brechen kann.

Die weiteren Vorrundengegner des RSV Lahn-Dill

Noch am gleichen Tag, um 20:15 Uhr, diesmal im rund zehn Kilometer nördlich gelegenen Palasport von Alba Adriatica, kommt es zum zweiten Kracher für die rund 50 mitreisenden Fans der Mittelhessen. Gegner ist dann der italienische Meister Unipol Briantea ´84 Cantu mit US-Nationalspieler Brian Bell sowie den beiden britischen Europameistern Ian Sagar und Ghaz Choudhry, im letzten Jahr noch für Zwickau in der RBBL aktiv. Am Samstagvormittag um 11:45 Uhr entscheidet sich dann im letzten Duell der Vorrunde gegen das italienische Traditionsteam SSD Santa Lucia Sport Rom, ob der RSV Lahn-Dill das angestrebte Halbfinale erreicht hat oder in dieser Hammergruppe zu den zwei vorzeitig ausgeschiedenen Mitfavoriten gehört. Keinem anderen Team in Europa stand der RSV dabei so oft gegenüber wie den Römern. Elfmal standen sich die Mannschaften aus der Ewigen Stadt und deutschen Hauptstadt der Sportart gegenüber, darunter dreimal in Endspielen um die europäische Krone, achtmal rollte der RSV, dreimal Santa Lucia als Sieger vom Parkett. Zu den Stars im Team gehören die beiden italienischen Center Stefano Rosetti und Matteo Cavagnini sowie der französische Scharfschütze Sofyane Mehiaoui. Der argentinische Center Adolfo Berdun sowie der Marokkaner Ahmed Raourahi komplettieren das Team von Trainerlegende Carlo di Giusto.

In der zweiten Vorrundengruppe stehen sich Gastgeber Amicacci Giulianova, GSD Porto Torres, der spanische Titelträger CD Fundosa ONCE Madrid und RBBL-Ligakonkurrent RSB Team Thüringen gegenüber. Der zweite deutsche Vertreter und das Team aus Madrid sind hier die klaren Favoriten gegen die beiden krassen italienischen Außenseiter.

Die sportlichen Ziele

Der RSV Lahn-Dill, der mit fünf Titeln und weiteren drei Endspielteilnahmen selbst zum europäischen Rollstuhlbasketball-Adel gehört, will ins Halbfinale der europäischen Königsklasse, was ihm seit 2004 mit nur einer Ausnahme auch stets gelang. Die Hammergruppe in diesem Jahr macht dieses Unterfangen aber alles andere als einfach, zwei Mitfavoriten werden hier auf alle Fälle vorzeitig auf der Strecke bleiben. Grund für die augenscheinlich sportlich nicht gerechtfertigte Setzliste ist die Tatsache, dass im IWBF-Reglement der Gastgeber und der Titelverteidiger als Gruppenköpfe gesetzt sind. Im Falle der Übermannschaft aus Istanbul und des Underdog aus den Abruzzen ein Ungleichgewicht mit dem nun bekannten Resultat.

„Dieses sportliche Los hat uns wirklich eine Hammergruppe beschert, das wird unfassbar intensiv und am Ende vielleicht von Kleinigkeiten entschieden“, so RSV-Trainer Nicolai Zeltinger zur Ausgangslage: „Aber natürlich weichen wir nicht von unserer Zielsetzung ab, auch wenn ein Aus in der Vorrunde diesmal keineswegs eine Schande wäre. Erreichen wir das Halbfinale, wäre dies ein großer Erfolg, der uns aber bis dahin schon sehr viel Kraft gekostet haben dürfte.“ Umso angenehmer ist daher die Tatsache, dass die Anreise für die 27-köpfige Delegation des RSV Lahn-Dill diesmal keineswegs mit der Mitte März nach Porto Torres auf Sardinien zu vergleichen ist. Am Donnerstag um 12:15 Uhr hebt der Deutsche Meister von Frankfurt aus zunächst nach München ab, um von dort nach Ancona weiterzufliegen. Vom dortigen Aeroporto di Ancona-Falconara sind es dann noch rund 110 Kilometer bis nach Giulianova in die Teamunterkunft Gran Hotel Don Juan.

Andreas Joneck

Weitere Artikel

Letzte Beiträge