Leichtathletik-Weltmeisterschaft: Doppelsieg für Marianne Buggenhagen und Marie Hawkeswood, Silber für WM-Debütant Niko Kappel
Frechen, 25. Oktober 2015. Diese Dame ist und bleibt ein Phänomen: Marianne Buggenhagen (PSC Berlin) hat wieder zugeschlagen. Im Kugelstoßen der Startklasse F55 hat die 62-jährige Berlinerin bei den Leichtathletik-Weltmeisterschaften in Doha (Katar) ihr 22. WM-Gold eingesammelt. Was für eine unglaubliche Leistung der unbezwingbaren „Grande Dame“ des paralympischen Sports.
Mit Saisonbestleistung von 7,96 Meter trotzte Buggenhagen der Hitze und feierte den nächsten Erfolg ihrer atemberaubenden Karriere, die 1992 mit ihren ersten Paraylmpics in Barcelona begonnen hatte. Neben Buggenhagen, der ältesten Teilnehmerin dieser WM, schaffte es eine weitere Deutsche aufs Podium. Marie Hawkeswood (49, PSC Berlin) holte bei ihrem ersten internationalen Start mit dem Bundesadler auf der Brust und an ihrem 49. Geburtstag direkt Silber und machte damit den deutschen Doppelsieg perfekt. Bereits am Samstagabend feierte Niko Kappel (20, Welzheim/BW, TSF Welzheim) ein erfolgreiches WM-Debüt. Der kleinwüchsige Newcomer holte im Kugelstoßen mit neuem deutschen Rekord (12,85 Meter) Silber.
Besonders groß war der Jubel freilich bei Marianne Buggenhagen. Mit konstant starken Stößen, die allesamt zu Gold gereicht hätten, ließ sie ihrer Konkurrenz keine Chance. „In den zweiten Versuch habe ich alles reingelegt. Die anderen waren auch nicht schlecht, aber der zweite Stoß war super“, freute sich die 62-Jährige über den verdienten WM-Titel. Direkt dahinter landete ihre neue Teamkollegin beim PSC Berlin, Marie Hawkeswood. Das Geburtstagskind mit britischen Wurzeln beschenkte sich mit Silber selbst und war anschließend happy. „Ich habe hart trainiert und wusste, dass ich diese Weite stoßen kann. Es freut mich, dass ich es auch im Wettkampf abrufen konnte“, sagte Hawkeswood, die sich gemeinsam mit Buggenhagen auf die WM vorbereitete. Eine gesunde Konkurrenz, findet Buggenhagen: „Wir helfen und gegenseitig und geben uns Tipps.“ Und vielleicht tritt Hawkeswood ja bald in die großen Fußstapfen der „Grande Dame“.
Platz zwei bei der WM-Premiere feierte am Samstagabend der kleinwüchsige Kugelstoßer Niko Kappel. Mit neuem deutschen Rekord über 12,85 Meter musste sich der 20-Jährige Welzheimer (Baden-Württemberg) nur dem großen Favoriten aus Polen, Bartosz Tyszkowski, geschlagen geben. „Ich war zu Beginn schon nervös, aber es hat einen Riesenspaß gemacht. Eine tolle Erfahrung, ich bin super zufrieden“, jubelte Kappel, der am Olympiastützpunkt Stuttgart gemeinsam mit dem Deutschen Vizemeister im Kugelstoßen, Tobias Dahm, trainiert.
Das Treppchen nur um drei Hundertstel verpasst hat hingegen Irmgard Bensusan. Die 24-Jährige vom TSV Bayer 04 Leverkusen, die in Südafrika wohnt und die doppelte Staatsbürgerschaft besitzt, landete über 200 Meter hauchdünn auf dem undankbaren vierten Platz. Sie war ebenso angeschlagen wie Thomas Ulbricht (30, PSC Berlin), der mit seinem Guide Tobias Schneider das Finale über 400 Meter mit muskulären Problemen leider nicht erreichte. Diskuswerfer Mathias Schulze (32, DHfK Leipzig) wurde guter Fünfter, Rennrollstuhlfahrer Alhassane Baldé (30, SSF Bonn) landete über 1500 Meter auf Rang acht. Fahnenträgerin Katrin Müller-Rottgardt (33, TV Wattenscheidt) verpasste mit Guide Sebastian Fricke das Finale über 200 Meter trotz neuer persönlicher Bestzeit knapp.
Damit hat das deutsche Team von Bundestrainer Willi Gernemann bereits viermal Gold, dreimal Silber und dreimal Bronze auf dem Konto. Am Nachmittag geht es mit zahlreichen Highlights weiter, unter anderem starten Daniel Scheil (Kugel) und Claudia Nicoleitzik (200 Meter). Außerdem mit Spannung erwartet wird das 200-Meter-Finale der Herren (Klasse T44) mit Felix Streng, David Behre und Johannes Floors, die sich mit starker Konkurrenz um die Medaillen streiten werden.
In Doha kämpfen die besten Leichtathletinnen und Leichtathleten mit Handicap in insgesamt 214 Entscheidungen um die WM-Titel. Für das deutsche 30-köpfige Team geht es dabei nicht nur um WM-Medaillen, sondern auch um die ersten Startplätze für die Paralympics 2016 in Rio de Janeiro.
(pm)