Mohamad Yassine ist Traineranwärter beim Deutschen Fußballbund – mit körperlicher Behinderung. Dem Libanesen mussten im Alter von zwölf Jahren nach einem Unfall beide Unterarme amputiert werden. Dass man es als Traineranwärter mit Behinderung beim DFB offenbar nicht leicht hat, zeigt folgender Zwischenfall. Spiegel Online berichtete am Mittwoch über einen Streit zwischen Yassine und dem DFB-Chefausbilder Frank Wormuth. „Du bist nur hier, weil (DFB-Präsident Theo) Zwanziger keine Eier hat und einen Behindertenplatz geschaffen hat“, soll Wormuth gegenüber dem amputierten Traineranwärter gesagt haben. Wormuth bestätigte diesen Zwischenfall.
Rüdiger Böhm, Trainer mit der höchsten UEFA-Lizenz und beidseitig beinamputiert, geht indessen hart mit Wormuth ins Gericht. „Die Aussagen von Wormuth gehen in meinen Augen gar nicht“, so Böhm. Wer es schafft, bei so einem einfachen Spiel wie Fußball von einer ‚diametral abkippenden Sechs‘ zu reden, dem darf so etwas nicht passieren.“
Seit dem Zwischenfall mit Yassine, der sich schon im Jahr 2012 ereignete, arbeitet Wormuth auf Bewährung. Böhm aber wünscht sich eine Sanktion mit Signalwirkung. „In der Politik mussten schon Leute wegen weniger zurücktreten. Zudem würde mich einmal interessieren, ob Herr Wormuth solch einen Satz auch zu einem gestandenen Trainerkollegen sagen würde, der durch einen tragischen Schicksalsschlag eine körperliche Behinderung erleidet“, so Böhm. Laut Aussage des DFB Generalsekretärs Helmut Sandock habe man mit Wormuth nach Bekanntwerden des Vorfalls ein Gespräch geführt und ihm mitgeteilt, dass solche Aussagen absolut inakzeptabel seien. Im Wiederholungsfall würde es klare Konsequenzen nach sich ziehen. Wormuth bedauere zudem, dass er sich im Ton vergriffen habe. Wormuth selbst wollte sich zu den Vorwürfen nicht äußern.
Böhm, ehemaliger Leiter des Nachwuchsleistungszentrums beim Karlsruher SC und derzeit U21-Trainer in der Schweiz, kritisiert aber auch die von Zwanziger eingerichtete Behindertenquote. „Ich halte die Behindertenquote für sehr fragwürdig“, erklärt der 43-Jährige. „Ich weiß natürlich, was Herr Zwanziger bezwecken wollte, aber die Behindertenquote suggeriert, dass man als körperlich eingeschränkter Trainer weniger kann als andere“. Die Quote stelle wieder einmal die Behinderung in den Fokus, im Vordergrund sollte aber die Qualität des Trainers stehen, begründet Böhm. Körperliche Voraussetzungen würden keine große Rolle spielen, wichtig seien vielmehr Respekt und Gehör.
Trotz seiner Ausbildung und seiner Lizenz ist sich Böhm aber sicher, dass er als Trainer nie ganz nach oben kommen wird. Auf höchstem Niveau habe mal ans behinderter Trainer keine Chance, weil „die Gesellschaft noch nicht so weit ist“. Das könne derzeit ja noch kein Verein in der Öffentlichkeit verkaufen, so Böhm.
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