Fast 60 RehaTreff-Ausgaben sind in den vergangenen 15 Jahren im Ettlinger AWS Medienverlag erschienen. Am 1. Oktober wird der Gründer und Herausgeber Werner Schneider das Magazin aus gesundheitlichen Gründen an den Verleger Hans Weber abgeben. Zeit, ein Resümee zu ziehen.
Das Anliegen, benachteiligten Menschen zu helfen, begleitet Werner Schneider fast sein ganzes berufliches Leben. Nach seinem Sozialpädagogik-Studium in Heidelberg arbeitete er einige Jahre in seinem erlernten Beruf, unter anderem in der Strafentlassenenhilfe, bevor er in den 80er Jahren erste journalistische Erfahrung als Volontär bei der sozialpolitischen Zeitung „Sozial extra“ sammelte. Die Arbeit mit Menschen mit Behinderung bei den Johannitern in Heidelberg sowie eine mehrjährige Tätigkeit in Marketing und Vertrieb beim Modehaus Rolli-Moden und der Manfred Sauer GmbH ebneten seinen weiteren beruflichen Weg.
Vom Werbeheft zum Magazin
Als der heute 62-Jährige 1997 bei Rolli-Moden ausschied, wagte er den Weg in die Selbstständigkeit und gründete die Agentur Werner Schneider, welche später in den AWS Medienverlag umbenannt wurde. „Durch die Betreuung von Einzelkunden und damit verbundene Werbeaktionen wuchs unsere Adressdatenbank von Menschen im Rollstuhl immer weiter an, sodass wir den RehaTreff zunächst als reines Werbeheft konzipierten und den Leuten kostenlos zusandten“, erinnert sich Werner Schneider.
„Nachdem wir den RehaTreff eine kurze Zeit lang als reines Werbeblatt hatten erscheinen lassen, kamen immer öfter interessante Themen auf uns zu, die andere Magazine nicht hatten.“ Dass Zeitungmachen ihm Spaß machte, hatte er nicht vergessen – mit der Trennung von journalistischem Inhalt und werblichen Anzeigen war mit der Ausgabe 1/2003 der RehaTreff in seiner bis heute erhaltenen Form geboren.
Die Themen gehen nie aus
Anfangs dachten Schneider und sein erster Mitarbeiter Peter Barthel, dass ihnen irgendwann die Themen ausgehen würden. Ein Irrtum, wie sich herausstellen sollte. „Alles ist im Fluss, es entstehen ständig neue News und Geschichten, die Themen sind uns bis heute nicht ausgegangen“, berichtet er. Anfangs fokussierte sich die Redaktion auf Portraits, weil „sich darin die meisten Menschen mit ihrer eigenen Lebensrealität wiederfinden und diese Geschichten aufzeigen, was mit Behinderung alles möglich ist“, so Schneider.
Am eindrücklichsten in Erinnerung geblieben sind dem Chefredakteur die Lebensgeschichten von Menschen mit Tetraplegie, seien es Manfred Sauer, Rainer Küschall, Hennes Lübbering oder Martin Schuth. „Alles Menschen, die trotz ihrer hohen Lähmung ihre Leidenschaft, ihr Hobby, ihr Leben gelebt haben und dabei sehr erfolgreich waren und sind“, bekräftigt Schneider.
Höhen und Tiefen
Geht es um den Behindertensport, denkt er gerne an seine Zeit beim Heidelberger Rollstuhlmarathon zurück, den er 1989 gemeinsam mit Heini Körberle und Hennes Lübbering ins Leben rief und viele Jahre aktiv begleitete. „Beim Rollstuhlmarathon habe ich viele Freundschaften geschlossen, er hat mich bekannt gemacht und ist mein fünftes Kind, wie ich gerne sage.“
Bis heute setzt Schneider in seinem Betrieb auf eine Mischung aus Werbeagentur und Verlag. Mailings und Einzelkundenbetreuung auf der einen Seite, Magazin-Herausgeber auf der anderen. „Dank dieser Quersubventionierung waren wir mit dem RehaTreff nie den wirtschaftlichen Zwängen unterworfen, mit denen unsere Wettbewerber zu kämpfen haben“, erklärt Schneider, der mit seiner Werbeagentur auch weiterhin im Reha-Fachmarkt aktiv sein wird. „Dazu kommt, dass wir viele gute Leute haben, die nicht nur für ihr Honorar schreiben, sondern mit Überzeugung hinter der Sache stehen. Vor dem Haus steht heute kein Porsche, vor dem Haus steht ein Nutzfahrzeug. Das drückt unsere Einstellung wohl ziemlich gut aus“, bekräftigt er.
Trotzdem gab es in der Verlagsgeschichte auch Jahre, in denen nicht klar war, ob am Ende des Jahres eine schwarze Zahl unter dem Strich steht. „In diesen Zeiten mussten wir uns auch von Mitarbeitern trennen, es war schmerzlich, motivierte Leute gehen zu lassen“, erinnert sich Schneider.
Sorgen, dass Tablets, Smartphones & Co irgendwann das gedruckte Wort verdrängen werden, hat er keine. Schneider ist überzeugt, dass die neue Technik nicht in jede Lebenssituation passt. Er persönlich halte beim Lesen lieber ein Heft in den Händen, statt ein Tablet vor sein Gesicht. Es werde noch lange Zeitungen und Bücher geben, so seine Einschätzung. Trotzdem müsse der RehaTreff in den nächsten Jahren noch zulegen. „Die Auflage von 20.000 ist eine kritische Größe, bei der es gilt, weiter neue Leserschaft zu akquirieren um besser aufgestellt zu sein“, rät er.
Das Leben geht weiter
Der Herausgeberwechsel war von langer Hand geplant. Dem pfälzer Verleger Hans Weber, der sich bereits mit den Fachzeitschriften „not“ und „beatmet leben“ einen Namen gemacht hat, hatte er bereits vor vier Jahren sein Anliegen mitgeteilt – ein Zeitpunkt, an dem klar war, dass sich seine gesundheitliche Situation nicht verbessern wird und er kürzer treten muss. „Ich habe mich mit der Entscheidung nicht schwer getan, es war eine rationale Entscheidung, das Emotionale kommt vielleicht noch.“
Dem RehaTreff wünscht er auch künftig einen tollen Erfolg, viele spannende Artikel und lebendige Kontakte. Er selbst ist mit sich im Reinen: „Ich gebe ein gutes Blatt ab und habe mich auch darum gekümmert, dass meine Mitarbeiter alle neue Jobs bekommen haben, von daher bin ich ganz ausgeruht bei der Sache.“ Das Magazin werde sicherlich noch einige Zeit mit seinem Namen verbunden sein. „Doch auch das wird irgendwann vorbei sein. Das Leben geht weiter, ich habe viele interessante Projekte in meinem Leben gehabt, beruflich wie privat und kann mich absolut nicht beklagen.“
Fotos: AWS Archiv