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Nirgendwo sonst fühlt sich Vanessa Laws so wohl wie auf ihrem Rad. Ihre Leidenschaft für den Para Radsport hat die 21-Jährige bereits zu einigen Medaillen bei deutschen und internationalen Wettkämpfen geführt. Vor allem in diesem Jahr überraschte die Athletin des BPRSV aus Cottbus die Konkurrenz mit starken Leistungen. Es ist der aktuelle Höhepunkt einer beeindruckenden Entwicklung, die bei der WM auf der Straße (28. bis 31. August, Ronse/Belgien) fortgesetzt werden soll.
„Wenn mir jemand im März gesagt hätte, du gewinnst einen Weltcup und zwei Medaillen sowie die deutsche Meisterschaft, hätte ich gesagt, dass bei demjenigen etwas nicht stimmt“, blickt Vanessa Laws inzwischen lachend auf die schwierigste Zeit in diesem Jahr zurück. Ein Jahr, das sonst einen persönlichen Höhepunkt nach dem anderen zu bieten hat. Doch zu Beginn des Trainingslagers im Frühjahr streikte die Bandscheibe und ließ die noch kommenden Erfolge zunächst mehr als unsicher erscheinen.
Es war eine Herausforderung, die Vanessa Laws jedoch gemeistert hat – wie fast alles in ihrer bisherigen Karriere. Denn die 21-jährige Zweiradfahrerin, die mit beidseitigen Klumpfüßen und einer Sprunggelenksversteifung in der Startklasse WC4 startet, ist nicht vom Radsport abzubringen. Viel hat sie als Kind ausprobiert, Tischtennis oder Tanzen beispielsweise. Entscheidend für ihre sportliche Karriere war aber der Augenblick, in dem sie ihre jüngere Schwester beim Radfahren beobachtet hat und anschließend den Wunsch fasste: Das will ich auch machen. Denn das Rad bedeutet Momente, die Vanessa Laws in keiner anderen Sportart so erleben kann. „Für zehn Minuten ein schnelles Intervall mit 40 km/h zu fahren, macht einfach richtig viel Spaß“, fasst die gebürtige Berlinern ihre Faszination für den Radsport zusammen. Auch das Training in der freien Natur zählt dazu. Für Vanessa Laws gibt es viele Argumente für ihren Lieblingssport.
Von Berlin nach Cottbus

Ihr Leben passt sie dementsprechend dem professionellen Para Radsport an. Bereits mit 14 Jahren zog sie von ihrem Zuhause in Ludwigsfelde in Berlin aus, um auf ein Sportinternat in Cottbus zu gehen. Ihre Trainer hätten sie gerne schon direkt nach der Grundschule dort gesehen, aber der Schritt kam für Vanessa Laws zu diesem Zeitpunkt ihres Lebens noch zu früh. Schließlich ist auch in der achten Klasse ein Wechsel auf ein Internat durchaus eine persönliche Herausforderung. „Der Umzug war schon eine große Umstellung, vor allem da ich vorher kaum jemanden in Cottbus kannte. Aber wenn ich zurückdenke, würde ich die Zeit nicht missen wollen“, erinnert sich Vanessa Laws. In der Folge sammelte sie erste Erfahrungen bei internationalen Wettkämpfen, war Teilnehmerin am Paralympischen Jugendlager 2021 und holte ihre ersten Medaillen.
Dabei entwickelte sie spezielle Rituale, die vor keinem Rennen fehlen dürfen, egal ob Weltmeisterschaft oder Hobby-Wettkampf. „Ich habe feste Abläufe, wann ich mich warmfahre, wann ich was esse und wann ich Musik höre“, berichtet Laws. Die Rituale scheinen zu helfen. Bei den Europameisterschaften 2021 gewann Laws Gold im Zeitfahren und im Straßenrennen – als damals noch 17-jähriges Nachwuchstalent des BPRSV.
Ein goldenes Jahr
Denn Vanessa Laws hat 2025 einige ihrer bislang größten Erfolge gefeiert. Trotz ihrer Verletzungspause im März war sie rechtzeitig vor der Weltcupsaison wieder fit geworden und sicherte sich beim Auftakt in Belgien mit dem fünften Platz die Qualifikation für die WM, wenig später folgte der erste Treppchen-Platz, dann der endgültige Durchbruch bei der zweiten Weltcup-Station in Italien: Dort feierte Laws ihren ersten Sieg im Straßenrennen und schließlich Gold in der Gesamtwertung. „Die Weltcup-Medaille zu gewinnen, war richtig schön, damit hätte ich vorher nicht gerechnet“, beschreibt Laws eines der bisher größten Highlights in ihrer Karriere. Bei den deutschen Meisterschaften gewann sie darüber hinaus Silber im Teamsprint auf der Bahn und Gold im Straßenrennen.
Es war eine explosionsartige Entwicklung, die Vanessa Laws selbst überrascht: „Ich kann mir selbst nicht genau erklären, woran es liegt.“ Einige Schlüsselstellen kann Laws jedoch schon ausmachen: „Ende letzten Jahres habe ich mir mein erstes Rennrad gekauft und so mein Material optimiert. Außerdem habe ich mich intensiv mit dem Thema Ernährung beschäftigt, einiges ausprobiert und nun scheinbar einen guten Weg gefunden, alles vor, während und nach dem Training abzudecken, um auch eine gute Regeneration zu gewährleisten.“ Para Radsport-Bundestrainer Gregor Lang sieht auch die harte Arbeit der Athletin als Faktor: „Vanessa hat jahrelang eisern trainiert und fährt jetzt die Ernte dafür ein. Gerade bei jungen Athleten platzt dann manchmal der Knoten und es gibt so eine Leistungsexplosion wie jetzt bei Vanessa.“

Nun folgt das große Highlight: Vom 28. bis zum 31. August stehen die Weltmeisterschaften auf der Straße im belgischen Ronse an. Darauf liegt für Laws aktuell der volle Fokus. 2023 hatte sie schon mal an der WM teilgenommen, damals war Rang sieben die beste Platzierung für die 21-Jährige. „Bei der letzten WM war ich noch nicht auf dem Leistungsniveau wie jetzt. In Ronse eine Medaille zu holen – das wäre richtig, richtig schön. Aber mein persönliches Ziel ist eine Top-Fünf-Platzierung“, betont Laws und ergänzt: „Dass ich die Chance habe, vorne mitzufahren, ist ein tolles Gefühl und pusht mich richtig.“ Und dann gibt es ja noch den großen Traum von den Paralympics, den Laws schon seit einigen Jahren hegt. Die Spiele in Paris kamen noch etwas zu früh, doch Los Angeles 2028 ist ein realistisches Ziel. Vor allem, wenn Vanessas Laws Entwicklung so weiter geht wie bisher.
Text: Paul Foreman / DBS
Foto: Drew Kaplan / DBS


