In den Urlaub zu fahren ist für Familien mit Kindern kein leichtes Vorhaben. Erst recht, wenn die Ansprüche von behinderten und nichtbehinderten Geschwistern unter einen Hut zu bringen sind. Reiseziele und ihre Freizeitangebote müssen dann nicht nur familientauglich, sondern auch barrierefrei sein. Die Arbeitsgemeinschaft Barrierefreie Reiseziele in Deutschland (AG) unterstützt Familien bei der Ideenfindung. Auf ihrem gemeinsamen Portal www.barrierefreie-reiseziele.de präsentieren die acht Vorreiterregionen im barrierefreien Tourismus ihre Tipps für vielfältige Urlaubserlebnisse mit der ganzen Familie.
Lausitzer Seenland: Kinderleicht das Wasser umrunden
Im Lausitzer Seenland wächst durch Flutung und Renaturierung eines früheren Tagebaugebietes die größte von Menschenhand geschaffene Wasserlandschaft Europas heran. Ein beliebter Anlaufpunkt für Familien mit behinderten und nichtbehinderten Kindern ist der Senftenberger See. Er bietet eine Fülle an barrierefreien Aktivitäten im und am Wasser. Ein 18 Kilometer langer Radweg umrundet den See. Fahrräder, Kinderräder, Anhänger, Handbikes, Rollfiets (Rollstuhlräder) und Tretmobile sind vor Ort ausleihbar. Der ebene Weg ohne Anstieg führt vorbei an familienfreundlichen Strand- und Badestellen, Eisdielen, Spielplätzen, Aussichtspunkten und einer Bootsschleuse. Am barrierefreien Wassersportzentrum bietet sich ein Zwischenstopp für eine Floßfahrt oder einen Segeltörn an. Ein spezieller Lift unterstützt beim Einstieg in die Wasserfahrzeuge. Auch das Schloss Senftenberg lohnt einen Abstecher. Die einstige sächsische Festung zeigt die Geschichte der Braunkohle und den See vor seiner Flutung. Das Schloss ist barrierefrei zugänglich.
Fränkisches Seenland: Erholung zwischen See und Insel
Auch das Fränkische Seenland hält mit sieben großen Badeseen ein reiches Angebot für Wasserratten bereit. Flache Ufer und der Verleih von Rollstühlen für Sandstrand und Wasser ermöglichen auch Kindern mit Mobilitätseinschränkung den Zugang zum erfrischenden Nass. Für Familien mit Begleithund gibt es am Altmühlsee einen Hundestrand mit Agility-Park (Hindernisstrecke). Eine Besonderheit in der Region sind die Spielanlagen nahe den Badestellen. Der Platz bei Ramsberg am Brombachsee bietet barrierefreien Spielspaß an Karussell und Rutsche. Und auf dem generationsübergreifenden Erlebnisspielplatz am Altmühlsee können Erwachsene ihr motorisches Geschick an Balance-Geräten beweisen, während sich die Jüngeren am Kletterpfad oder Rutschturm austoben. Sehenswert ist die Vogelinsel des Altmühlsees. Etwa 300 verschiedene Vogelarten nutzen die lagunenartige Insel als Brut- und Rastplatz. Sogar der in Deutschland seltene Seeadler zieht hier seine Runden. Ein barrierefreier Rundweg lädt Besucher mit und ohne Mobilitätseinschränkung zur Besichtigung ein. Von März bis Oktober bietet der Landesbund für Vogelschutz (LBV) spezielle Kinderführungen an. Mit Fernglas und Becherlupe gehen Kinder ab sechs Jahren auf Entdeckertour.
Ostfriesland: Kinderspaß wie Sand am Meer
Ostfrieslands Strände an der Nordseeküste oder den vorgelagerten Inseln wie Langeoog laden zum stundenlangen Sandburgen bauen, Wellen beobachten, schwimmen und planschen ein. Rollstühle mit Ballonreifen, die kostenfrei verliehen werden, ermöglichen Streifzüge nahe der Wasserkante. Und mit speziellen Liege-Schwimm-Rollstühlen geht es sogar ins Meer hinein. Auch echtes Landleben gibt es in Ostfriesland: Der Haustierpark Werdum züchtet alte vom Aussterben bedrohte Haustierrassen wie Heidschnucke, Angoraziege, Wollschwein, Goldfasan oder Lockengans, die sich gern streicheln lassen. Auf Tomtes Hof stehen Esel, Ponys, Schafe, Ziegen und viele weitere Haus- und Nutztiere für pädagogische und therapeutische Aktivitäten zur Verfügung. Sie bieten Kindern mit und ohne kognitiver Behinderung ein besonderes Erlebnis. Und in der Seehundestation Nationalpark-Haus in Norddeich können Familien beobachten, wie verwaiste Seehunde und Kegelrobben versorgt und wieder ausgewildert werden.
Erfurt: Bunte Stadt für Erlebnishungrige
Die thüringische Landeshauptstadt Erfurt setzt auf Spiel, Bewegung, Farbe und große Helden. Stadtführungen nehmen Kinder mit zu den interessantesten Sehenswürdigkeiten der Jahrhunderte alten Innenstadt. In kindgerechter Form mit spannenden Erzählungen, Ratespielen, Rechenaufgaben und einigen Überraschungen erhalten die kleinen Besucher bei der „Führung in den Farben der Stadt“ einen Einblick in die Stadtgeschichte. Bei der „Führung zu den Figuren des Kinderkanals“ begegnen sie den Fernsehstars des Senders Kika, der in Erfurt seinen Sitz hat. Mit dabei sind Maus und Elefant, Bernd das Brot, das Sandmännchen und Käpt’n Blaubär. Die Kinderstadtführungen können trotz Kopfsteinpflaster und schmaler Gassen barrierefrei gestaltet werden. So hat der Domplatz abgesenkte Bordsteine und eine ebene Pflasteroberfläche. Das Areal ist ganzjährig Schauplatz für Feste, Märkte und Konzerte. Sommerlicher Höhepunkt sind die Domstufenfestspiele mit besonderen Aufführungen für Kinder. 70 Domstufen und die Kulisse aus Mariendom und Sankt Severikirche bilden eine der schönsten Open-Air-Bühnen Thüringens. In diesem Jahr führt das Theater Erfurt „Das Dschungelbuch“ auf.
Weitere Ideen und Anregungen zu barrierefreien Reiseangeboten für Familien mit behinderten und nicht behinderten Kindern hält die AG unter www.barrierefreie-reiseziele.de bereit.
Fotos: Arbeitsgemeinschaft „Barrierefreie Reiseziele in Deutschland“