RehaTreff und AUDI hatten geladen: zur barrierefreien „Erlebnisführung“ im Ingolstädter Stammwerk. Das Interesse war groß, die Teilnehmerzahl aus logistischen Gründen allerdings begrenzt. 20 interessierte Leserinnen und Leser trafen sich somit Mitte Juli zur Produktionsbesichtigung bei der Marke mit den vier Ringen.
Nach dem Wolfsburger Volkswagen-Werk ist die bayerische Fertigungsstätte der AUDI-AG die zweitgrößte Automobilfabrik Europas. Mit über 2,7 Millionen Quadratmetern ist das Werksgelände größer als das Fürstentum Monaco und mit ca. 43.200 Mitarbeitern beherbergt es – zumindest zeitweise – auch mehr Menschen. Entsprechend hoch waren die Erwartungen der Teilnehmer, die einen der begehrten Plätze erhalten hatten – eine buntgemischte Gruppe.
Nach der Begrüßung, einer kurzen Einführung und Sicherheitseinweisung ging und rollte es dann in die Produktion. Der erste Eindruck: alles sehr sauber und aufgeräumt und kaum Menschen bei der Arbeit, sondern fast nur emsige Roboter. Nachdem die Führung den Bereich Karosseriebau wieder verlassen hatte, sah die AUDI-Welt dann aber doch anders aus: Auf den Montagelinien für den A3 und den neuen Q2 wurde fleißig geschraubt und montiert. Handarbeit ist noch an der Tagesordnung. Doch die Arbeit der Menschen wird auch hier durch die Maschine unterstützt. Bei AUDI hilft der Roboter beim Bewegen von schweren Bauteilen und bei monotonen Arbeiten. Von einer Arbeitsstation ging es flott zur nächsten, wir bewegten uns im Takt der Fahrzeugproduktion.
82 Sekunden
Man merkte sofort, alle Arbeitsprozesse sind festgelegt und optimiert, jeder Handgriff sitzt. Damit alles reibungslos läuft, bleiben den Mitarbeitern immer genau 82 Sekunden für die Montage an ihrer Station, dann schwebt der nächste AUDI heran. Beindruckend ist, dass die richtigen Bauteile immer punktgenau angeliefert werden – ‚just in time’ getaktet. Auch die „Führungskraft“ von AUDI war sichtlich begeistert. Die kompetente Dame hatte früher selbst am Band gearbeitet und meinte: „Bei den vielen Modellen und Ausstattungsvarianten grenzt dies für mich noch immer fast an ein Wunder.“
Sichtlich beeindruckt verließ die Besuchergruppe nach der interessanten Führung die riesige Produktionshalle, um dann vor dem gemeinsamen Mittagessen noch das Museum und das moderne Besucherzentrum zu besichtigen. Ein Ehepaar bemerkte im Anschluss: „Man hat als Laie keine Vorstellung davon, wie komplex die Fertigung eines Fahrzeugs ist und wie effizient die verschiedenen Produktionsschritte ineinander greifen.“ Auf jeden Fall haben alle Teilnehmer einen spannenden Blick hinter die Kulissen des Premium-Autobauers erhalten. Rund 400.000 Besucher pro Jahr besuchen das Ingolstädter Werk und nutzen die vielfältigen Möglichkeiten.
Zwei Autos pro Minute
Die AUDI AG bietet hierzu verschiedenste Führungen im Stammwerk an, auch individuell geplant und für Menschen mit Behinderung. Die Teilnahme von gleich mehreren Rollstuhlfahrern hatte AUDI bei unserer Führung gut gelöst. Bernhard Karl, Verantwortlicher für den Bereich Fahrzeuge für Menschen mit Behinderung, gab aber zu: Gruppen wie unsere bleiben immer eine logistische Herausforderung, da Shuttle-Busse und Gebäude zwar überwiegend barrierefrei erreichbar sind, jedoch bei mehreren Teilnehmern im Rollstuhl an Kapazitätsgrenzen stoßen.
„Solche Veranstaltungen müssen gut vorbereitet sein, damit alle Teilnehmer etwas davon haben“, so Bernhard Karl. Der langjährige AUDI-Mitarbeiter nahm sich nach dem gemeinsamen Mittagessen noch ausführlich Zeit für unsere Fragen. Bernhard Karl erhielt viel positives Feedback und wer weiß, vielleicht konnte der eine oder andere Teilnehmer für die Marke AUDI begeistert werden? Schließlich sollen die riesigen Produktionskapazitäten auch weiterhin ausgelastet werden. In Ingolstadt läuft alle dreißig Sekunden ein neues Fahrzeug vom Band.
Kevin Schultes/Foto: Hans Weber