Sicher, souverän und verdammt schnell: Anna Schaffelhuber gelingt ihr zweiter Gold-Streich. Bei den Paralympics in Sotschi ergatterte die 21-Jährige ihre zweite Goldmedaille und schaffte es bei frühlingshaften Temperaturen sowie erneut schwierigen Verhältnissen in Rosa Khutor auch im Super-G ganz nach oben aufs Treppchen. „Es ist einfach unglaublich“, jubelte Monoskifahrerin Schaffelhuber, die bereits bei der Abfahrt am Samstag siegte.
Sie sei am Start ganz ruhig gewesen und habe versucht, sich nur auf ihren Lauf zu konzentrieren. „Ich habe mir gesagt: Anna, du hast dein Gold schon. Jetzt sind die anderen gefordert.“ Und die Konkurrentinnen riskierten viel, teils zu viel – besonders die Amerikanerinnen Alana Nichols und Stephani Victor. Nichols stürzte unmittelbar, bevor Schaffelhuber an der Reihe war. „Es ist nicht möglich, die Spannung eine Viertelstunde zu halten, so dass ich mich etwas abgelenkt habe“, berichtete die Bayerbacherin. Aus der Ruhe bringen ließ sie sich aber nicht. Souverän meisterte sie auch die schwierigen Schlüsselstellen und fuhr in 1:29,11 Minuten über die Ziellinie – gut zwei Sekunden schneller als die zweitplatzierte Claudia Lösch (Österreich). Die zweite Deutsche in der Klasse der Sitzenden, Anna-Lena Forster, schied hingegen auf der immer weicher werdenden Piste aus. „Das war mehr Matsch als Schnee. Ich habe einen Schlag bekommen und konnte es nicht mehr halten“, erklärte die 18-jährige Paralympics-Debütantin, die von der Egidius-Braun-Stiftung gefördert wird.
Freud und Leid lagen im deutschen Alpin-Team am dritten Wettkampftag eng beieinander. Medaillenanwärterin Andrea Rothfuss schied nach der Abfahrt auch im Super-G aus und war nach ihrem Patzer niedergeschlagen. „Die Enttäuschung ist sehr groß. Ich wollte die wichtigen Schlüsselstellen sauber fahren. Das ist mir leider nicht gelungen. Mir hat es etwas an Konsequenz gefehlt“, sagte die 24-Jährige, die bei den Paralympics 2006 und 2010 bereits dreimal Silber sowie zweimal Bronze holte. Lange hadern will Rothfuss aber nicht. „Ich habe am Dienstag direkt die nächste Chance und will in der Super Kombination angreifen. Ich weiß ja, dass ich es eigentlich kann“, betonte die Loßburgerin, die in der bisherigen Saison immer ins Ziel gekommen war. Zuspruch gibt’s von Teamkollegin Schaffelhuber: „Andrea ist so nervenstark, dass sie das gut wegstecken wird.“
Bundestrainer Justus Wolf war zunächst erleichtert, dass sich bei schwierigen Pistenverhältnissen keine seiner Starterinnen verletzt hat. Gedämpft wurde seine Freude über die zweite Goldfahrt von Scchaffelhuber durch den erneuten Ausfall von Rothfuss. „Andrea war eigentlich zügig unterwegs, ist dann aber von der Ideallinie abgekommen. Das kann man bei den Verhältnissen kaum noch ausgleichen. Sie sollte jetzt aufwachen und ihre Chancen in den verbleibenden drei Rennen wahrnehmen.“
Einen Platz in den „Top Ten“ hatte sich Tino Uhlig beim Classic-Rennen der „Steher“ über 20 Kilometer erhofft. Am Ende stürmte der 37-jährige aus dem Nordschwarzwald auf einen bärenstarken fünften Platz. Der Tagessieg und die Goldmedaille ging erwartungsgemäß an den russischen Favoriten Rushan Minnegulov, der die vier Schleifen in dem selektiven Gelände mit der Tagesbestzeit von 50.55 Minuten absolvierte. Mit einem Rückstand von 36,4 Sekunden holte sich der Finne Ikka Tuomisto paralympisches Silber. Zur Freude des begeisterten, vorwiegend russischen Publikums ging Bronze durch Vladislav Lekomtcev, um weitere 13,1 Sekunden zurück, an einen weiteren Athleten der Gastgeber.
Die Sonne lachte über das tief weiß verschneite Bergmassiv des Kaukasus. Und mittendrin strahlte Tino Uhlig mit einem verschmitzten Lächeln. „Ich wollte unter die ersten zehn, dass ich nun Fünfter bin, ist gigantisch“, gab der Industriemeister vom SV Mitteltal-Obertal nach dem Rennen zu Protokoll. Es war ein Rennen, das so richtig nach dem Geschmack von Uhlig verlief, „weil ich mich immer wieder an Minnegulov orientieren konnte“.
Erstmals bei den Paralympics über die lange Distanz von zwanzig Kilometern am Start, bedeutete der fünfte Platz die gleiche Platzierung wie vor vier Jahren in Vancouver, als er über zehn Kilometer Fünfter wurde. Sein Dank galt dem Wachsteam und den Betreuern, „denn ich hatte heute einen sehr guten Ski und wurde auf der Strecke ausgezeichnet versorgt“. Lobende Worte gab es auch für die Organisatoren, die es verstanden hatten, „eine ausgezeichnete Spur in den tags zuvor noch nassen Sulzschnee zu legen, die fast das ganzen Rennen über die aufkommenden Sonnenwärme standhielt“.
Die Form stimmt und dies macht Mut für die kommenden Aufgaben. „Ich werde noch beim Skating Sprint starten. Und auch mit der Staffel kann richtig was gehen“, war Uhlig mit den Gedanken schon beim nächsten Rennen. Weitere deutsche nordische Athleten waren Montag in Laura Cross Country Center nicht am Start. Die Athleten nutzten den Sonnentag zur Regeneration und freuten sich wie Martin Fleig an der Strecke („eine starke Vorstellung von Tino“) über den Erfolg des Mannschaftskameraden. Die Regeneration verläuft im Übrigen auch bei Andrea Eskau recht gut. Die Goldmedaillengewinnerin im Biathlon hatte den Wettkampf am Sonntag wegen Atembeschwerden abbrechen müssen. „Wir haben sie in ständiger Kontrolle, die Behandlung hat angeschlagen“, sagt Teamarzt Lars Meiworm. Und auch Eskau sieht ihre weiteren Starts bei den Paralympics nicht als gefährdet.