Studie der FH Kiel nimmt Barrieren für Menschen mit Behinderung auf dem Weg in den ersten Arbeitsmarkt unter die Lupe – Der gute Wille ist da
Menschen mit Behinderung haben es nach wie vor schwer, ihren Platz auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu finden. Aber warum ist das so? Dieser Frage geht eine Studie nach, welche die Fachhochschule Kiel im Auftrag des schleswig-holsteinischen Landesbeauftragten für Menschen mit Behinderung, Prof. Dr. Ulrich Hase, in Angriff genommen hat. Mit Unterstützung des Lebenshilfe Landesverbandes und der Förde Sparkasse konnten die Forschungsergebnisse nach gut zweijähriger Arbeit nun im Verlag Springer VS veröffentlicht werden.
„Wenn ich einen Menschen im Rollstuhl sehe, dann weiß ich plötzlich gar nicht mehr wo ich hingucken soll. Ich bin dann so unsicher, wie ich mich richtig verhalte.“ Es sind Aussagen von Personalverantwortlichen wie diese, die auf das Hauptproblem hinweisen: Verunsicherung aufgrund mangelnder Erfahrung im Umgang mit Menschen mit Behinderung. Oder schlicht: „Manschetten“, wie es Prof. Dr. Hans Klaus bei der Übergabe der Studie an Ulrich Hase formulierte. Weil „Behinderung“ zu wenig bis gar kein Thema in den befragten Unternehmen sei.
Zusammen mit Sylvia von Kajdacsy, heute Koordinatorin im Inklusionsbüro des Lebenshilfe Landesverbandes, und Jana Haverbier wurden ca. 3.600 norddeutsche Unternehmen angeschrieben und um Mitwirkung gebeten. Die Rücklaufquote von 6,3 Prozent ist beachtlich. So kam es zu zwölf Interviews, in denen Personalverantwortliche zu ihrem Einstellungsverhalten in Bezug auf Menschen mit Behinderung befragt wurden.
Erfreulich: Grundsätzlich gibt es eine positive Einstellung zu Menschen mit Behinderung, und dort, wo es zu „Einstellungen“ gekommen ist, läuft es gut. Tatsache ist aber auch: Rechtliche Regelungen, wie z.B. die fällige Ausgleichsabgabe, wenn die Einstellungsquote nicht erreicht wird, sind allenfalls zweitrangig. Nur Informationen, moralische Appelle, materielle Anreize und Ausgleiche reichen nicht. „Sie fördern oder hindern nicht“, sagt Sylvia von Kajdacsy und betont: „Es ist einzig eine Frage der Kultur.“ Diese gezielt zu fördern, sei nun der notwendige zweite Schritt, erklärte Prof. Klaus.
„Wer auf Menschen mit Behinderung guckt, muss zuallererst auf sich selbst schauen und dann erst auf Rahmenbedingungen, Gelder etc.“, ist auch Ulrich Hase überzeugt. Es sei unbedingt notwendig, mehr auf die Ressourcen von Menschen mit Behinderung zu achten. Und Fakt sei auch, dass es sich bei den bereits angestellten Betroffenen um Menschen handele, deren Behinderung sich im Laufe ihres Arbeitslebens ergeben habe. Zudem sei Behinderung nicht gleich Behinderung. Während körperliche Beeinträchtigungen häufig ein geringeres Hemmnis darstellten, stünden die Chancen von Menschen mit Lernschwierigkeiten oder einer so genannten geistigen Behinderung ungleich schlechter.
Ein Jahr und fünf Monate hat es gedauert, bis die Forschungsergebnisse feststanden, weitere neun Monate, bis das Buch vorlag. Es ist sicherlich keine leichte Kost, aber lesenswert allemal und ein wichtiger Meilenstein hin zu einem Kulturwandel auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Ulrich Hase bedankte sich beim Autorenteam für die Arbeit und wies darauf hin, dass die wesentlichen Ergebnisse bereits dem Landtag vorlägen.