Die Kurt-Alphons-Jochheim-Medaille der Deutschen Vereinigung für Rehabilitation (DVfR) geht in diesem Jahr an die Initiative „Peers im Krankenhaus“ (PiK). Die Auszeichnung wurde am 19. November 2019 im Rahmen der DVfR-Mitgliederversammlung in Berlin an die Träger der Initiative verliehen: das Unfallkrankenhaus Berlin (UKB), die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV), der Bundesverband für Menschen mit Arm- oder Beinamputation (BMAB), die AOK Nordost und der AOK-Bundesverband.
Seit 2010 bietet das Unfallkrankenhaus Berlin bei Amputationen regelhaft ein Peer Counseling an, das heißt die Beratung von Patienten durch selbst Betroffene, sogenannte Peers. Denn der Verlust eines Körperteils ist ein traumatisches Ereignis für die Betroffenen, bei dessen Auswirkungen auf Psyche und Alltag auch Ärzte und Therapeuten an ihre Grenzen stoßen.
„Die Rolle von Peers im Krankenhaus ist, dass sie als selbst Betroffene, die eine Amputation, die folgende Rehabilitation und Prothesenversorgung mit all ihren Anforderungen und Mühen selbst erfahren und bewältigt haben, Patienten bei einer bevorstehenden Amputation auf Augenhöhe begegnen, zuhören, Mut machen und Rat geben“, erläuterte Professor Dr. Bernhard Greitemann, Mitglied des Geschäftsführenden Vorstands der DVfR und ärztlicher Direktor der Münsterland Klinik, in seiner Laudatio. Greitemann betonte den Vorbildcharakter der Peers, die aus eigenem Erleben den Betroffenen Bewältigungsstrategien nahebringen und authentisch vermitteln können, dass es sich lohnt, eigene Teilhabeziele anzugehen und die Anstrengungen der Rehabilitation dafür auf sich zu nehmen. Das Peer Counseling trage damit erheblich dazu bei, Ängste abzubauen, an der Rehabilitation aktiv mitzuwirken und Teilhabechancen zu eröffnen. Entsprechend positiv sei auch das Feedback der zuvor durch Peers betreuten Patienten bei einer Befragung im Jahr 2016 ausgefallen. „Der Vorstand der DVfR ist überzeugt, mit Peers im Krankenhaus ein richtungsweisendes Angebot in der Rehabilitation auszeichnen zu können, das auch für andere Kliniken und Bereiche Modellcharakter hat“, betonte Greitemann.
Das Erfahrungswissen über gelingende Peerberatung wird durch das UKB im Rahmen von Schulungen und Peer-Fortbildungen weitergegeben. In diesem Monat findet am UKB bereits die 6. Peer-Fortbildung statt. Zudem stellt der BMAB eine Peer-Landkarte zur Verfügung. „In der Zwischenzeit findet die Initiative weitere Nachahmer beziehungsweise aktive Mitstreiter, nicht nur im Bereich der BG-Unfallkliniken. So werden Peer-Beratungen auch an einigen der großen orthopädischen Tumorzentren, so in Münster und in Heidelberg, angeboten und kommen den Patienten zugute“, so Greitemann.
Die Idee, das Projekt Peers am Unfallkrankenhaus Berlin der DGUV zu einer bundesweiten Initiative auszuweiten, hatte 2013 Dr. Eckart von Hirschhausen, der auch Schirmherr der Initiative ist. Er gratulierte zur Auszeichnung per Video-Grußbotschaft. Professor Dr. Axel Ekkernkamp, Chef des Unfallkrankenhauses Berlin, hob das große Engagement der am UKB tätigen Initiatorinnen – Dr. Melissa Beirau, die inzwischen verstorbene Dr. Insa Matthes und die Peer-Beraterin Dagmar Marth – hervor und brachte seinen Stolz auf das gesamte Team sowie seinen Dank für die Auszeichnung zum Ausdruck.
Mit der Kurt-Alphons-Jochheim-Medaille ehrt die DVfR seit 2011 Initiativen, die in herausragender Weise die individuelle und umfassende Rehabilitation behinderter oder von Behinderung bedrohter Menschen fördern und zu deren Selbstbestimmung und Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft beitragen. Namensgeber der Medaille ist der 2013 verstorbene Pionier der Neurorehabilitation in Deutschland: Professor Dr. Kurt-Alphons Jochheim.