Beim Tischtennis lernen, was Normalität bedeutet

Vom 1. bis zum 3. Januar hat die Behindertensport-Initiative „sport grenzenlos“ gemeinsam mit dem Sport Club Weende ihren 3. inklusiven Tischtennis-Lehrgang ausgerichtet. Mehrere Mitglieder der Tischtennis-Nationalmannschaft, angeführt vom zweifachen Paralympicssieger Holger Nikelis, trainierten Seite an Seite mit 52 Nachwuchsspielern.

Holger Nikelis und die 15-jährige Deutsche Jugendmeisterin Marlene Reeg (Foto: sport-grenzenlos.org)
Holger Nikelis und die 15-jährige Deutsche Jugendmeisterin Marlene Reeg (Foto: sport-grenzenlos.org)

Als das Team von sport grenzenlos am Samstagmorgen zum Lehrgang erschien, ging es ein bisschen zu wie bei einem Klassentreffen: herzliche Umarmungen, Abklatschen, Smalltalk und Vorfreude. „Man kennt sich, man schätzt sich“, fasst das Holger Nikelis prägnant zusammen. Dem Initiator des Behindertensportprojekts „sport grenzenlos“ liegt es am Herzen, Tischtennis als barrierefreien Sport zu präsentieren. Egal, ob als Rollstuhlfahrer oder mit einer anderen Behinderung: „Das Schöne an unserem Sport ist, dass ihn jeder spielen kann“, sagt der 37-Jährige.

Dass das nicht nur eine Phrase ist, zeigt der zweifache Paralympicssieger im Rollstuhl-Tischtennis mit seinem Team bei zahlreichen Events. Das „sport grenzenlos“ Team vereint Nationalspieler mit unterschiedlichen Behinderungen, beispielsweise Rollstuhlfahrer (Selcuk Cetin), Kleinwüchsige (Johannes Urban), Menschen mit Spastiken (Jannik Schneider), mit Prothesen (Yannik Rüddenklau) oder Behinderungen an den Armen (Marlene Reeg, Frederic Peschke). „Heute sind das für uns aber nur die Marlene, der Johannes oder der Yannik und nicht die Spieler mit dem oder dem Handicap“, so der 17-jährige Tischtennisspieler Jonathan Koch.

„Die Firma ottobock hat wieder zehn Rollstühle zur Verfügung gestellt“, sagt Organisatorin Frauke Alves. Diese gehörten vor allem bei den jüngsten Lehrgangsteilnehmern zur absoluten Lieblingsbeschäftigung. „So lernen die Kids spielerisch den Umgang mit dem Rollstuhl“, freut sich Nikelis, der zusammen mit seinem Heimtrainer Michael Meißner und Nationalmannschaftskollege und Team-Europameister von 2015, Selcuk Cetin, ein rollstuhlspezifisches Tischtennistraining organisiert hatte. Ottobock hat auch die barrierefreie Übernachtung des „sport grenzenlos“ Teams im Tabalugahaus in Duderstadt ermöglicht.

Erstmals förderte auch der Landessportbund Niedersachsen das in der Region einmalige Projekt. „Mit 52 Spielerinnen und Spielern war der Lehrgang schon lange ausgebucht“, erklärt Alves. Zum ersten Mal waren auch Vereine aus Braunschweig angereist. Zudem trainierten zehn Nachwuchsspieler des Bezirksstützpunkts Lüneburg mit. „Das war unsere erste Erfahrung mit Behindertensportlern“, schildert deren Trainer Ronny Quasdorf. Seine Schützlinge waren von Trainerkollege Joachim Voigt (Jugendwart des SC Weende) nach Göttingen eingeladen worden. „Ich finde es unheimlich wichtig, dass meine Spieler sehen, was mit viel Training alles möglich ist. Ich bin selbst sehr positiv von der Leistungsstärke des sport grenzenlos Teams überrascht“, bekennt der 35-Jährige.

Während des öffentlichen „Meet & Greet“ stellten die Nationalspieler vor rund 200 Zuschauern ihr Talent in einem Showmatch unter Beweis. Anschließend überreichte Tischtennisspieler Reinhard Henze aus Göttingen, der im vergangenen Jahr auf das Team aufmerksam wurde, eine 1000-Euro-Spende für das neue Förderprogramm von sport grenzenlos. „Ab sofort können Patenschaften für unsere Sportler übernommen werden, damit sie Weltcupturniere und Trainingslager selbstständiger finanzieren können“, erklärt der Initiator. Motiviert von der Spende Henzes, stockten die Göttinger Frauke Alves, Thomas Koch, Wilfried Schicktanz, Bernd Roloff sowie der Förderverein der Weender Tischtennisabteilung diesen Betrag nochmals auf. „Das freut uns sehr und ist ein toller Startschuss für das Fördersystem“, meint Nikelis.

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