Beschluss zur Triage

NETZWERK ARTIKEL 3 e.V. reagiert mit Erleichterung auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichtes zur Triage: „Indem das Bundesverfassungsgericht den Gesetzgeber zu unverzüglichem Handeln auffordert, hat es ein klares Stoppschild gegen dessen bisherige Untätigkeit aufgestellt. Vielmehr argumentieren die Karlsruher Richter und Richterinnen, dass der Staat Schutzpflichten gegenüber behinderten Menschen habe, die sich aus dem Benachteiligungsverbot im Grundgesetz ergeben“, so Dr. Sigrid Arnade (Netzwerkvorstand). „Diesen Schutzpflichten ist er bislang in 20 Monaten Pandemie nicht nachgekommen. Dem Gesetzgeber werde vom Gericht zwar ein Einschätzungs-, Wertungs- und Gestaltungsspielraum zugebilligt, gleichzeitig weisen die Richter und Richterinnen aber auch auf die Gefahr durch unbewusste Stereotypisierung hin. Das heißt für uns eindeutig, dass behinderte Menschen über ihre Selbstvertretungsorganisationen in den nun sofort einzuleitenden Prozess einbezogen werden müssen. Denn nicht nur Ärzte und Ärztinnen werden durch unbewusste Stereotypisierungen beeinflusst, sondern natürlich auch die Damen und Herren Abgeordneten des Deutschen Bundestages.“ Der Beschluss aus Karlsruhe zeige die Bedeutung des Benachteiligungsverbots, das nach einem langen Kampf der Behindertenbewegung erst 1994 ins Grundgesetz aufgenommen wurde. Arnade begrüßt auch die zahlreichen Verweise des höchsten deutschen Gerichts auf die UN-Behindertenrechtskonvention und andere internationale Menschenrechtsdokumente. „Heute ist ein guter Tag für die Würde und den Schutz vor Diskriminierung von behinderten Menschen in Deutschland“, resümiert sie. Als Sofortmaßnahme schlägt die Vorstandsfrau vor, die Anwendung der Gebrechlichkeitsskala und des SOFA-Scores bei eventuell anstehenden Triage-Entscheidungen zu verbieten. „Genauso müssen mit sofortiger Wirkung Praktiken unterbunden werden, wonach Bewohner und Bewohnerinnen von Behinderten-, Alten- und Pflegeheimen bei einer Covid-19-Infektion nicht mehr ins Krankenhaus gebracht werden oder im Vorfeld dazu gedrängt werden, entsprechende Verzichtserklärungen zu unterzeichnen.“

 

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