Leichtathletik-Weltmeisterschaft: Marianne Buggenhagen auch im Diskus nicht zu bezwingen – Bensusan und Liebhardt gewinnen Silber, Hawkeswood und Koleiski Bronze
Was für ein grandioser siebter Wettkampftag aus deutscher Sicht. Einmal Gold, zweimal Silber und zweimal Bronze lautet die stolze Ausbeute der deutschen Leichtathletinnen und Leichtathleten bei den Weltmeisterschaften in Doha (Katar). Dabei hat Marianne Buggenhagen (62, Berlin, PSC Berlin) auch im Diskus zugeschlagen und nach Gold im Kugelstoßen ihren zweiten WM-Titel geholt – welch ein Erfolg für die älteste weibliche Teilnehmerin bei dieser WM, die sich von den deutlich jüngeren Konkurrentinnen in der Startklasse F54/55 einfach nicht bezwingen lässt.
Im gleichen Wettbewerb gewann Marie Hawkeswood Bronze (49, PSC Berlin). Zudem sprang Franziska Liebhardt auf Platz zwei (Weitsprung), während Irmgard Bensusan ebenfalls auf den Silberrang sprintete (400 Meter). Frederike Koleiski rundete das tolle deutsche Abschneiden mit Bronze im Kugelstoßen ab.
Marianne Buggenhagen machte schon im zweiten Versuch nahezu alles klar und schleuderte den Diskus auf über 25 Meter. Im dritten Wurf erzielte die „Grande Dame“ mit 25,40 Meter sogar eine neue Jahresbestweite und ließ sich damit nicht mehr von Platz eins verdrängen. Ihr 23. WM-Gold und die 60. internationale Medaille insgesamt – unbeschreiblich. Auf Rang drei landete Marie Hawkeswood mit 20,09 Meter. Nach Silber mit der Kugel war es auch das zweite Edelmetall für die 49-Jährige mit den britischen Wurzeln.
Kaum fassen konnte ihren Erfolg Weitspringerin Franziska Liebhardt (33, Leverkusen, TSV Bayer 04 Leverkusen). Mit persönlicher Bestleistung sprang sie in der Startklasse T37 völlig unerwartet auf Platz zwei (4,57 Meter) und blieb dadurch hauchdünn mit einem Zentimeter vor dem Bronzerang. „Ich habe noch nicht einmal mit dem dritten Platz gerechnet. Dass es jetzt sogar Silber geworden ist, ist einfach nur der Hammer“, freute sich Liebhardt, die nach Platz zwei in ihrer Spezialdisziplin Kugelstoßen nun zum zweiten Mal silbernes Edelmetall gewann.
Einen starken Kampf lieferte auch Irmgard Bensusan (24, TSV Bayer Leverkusen) über 400 Meter (T43/44). Die 24-Jährige, die in Südafrika lebt und die doppelte Staatsbürgerschaft besitzt, trotzte ihren Verletzungssorgen in diesem Jahr und sicherte sich mit einem tollen Endspurt Silber (1:03,27 Minuten). Sie musste sich nur der Französin Le Fur geschlagen geben, die einen neuen Weltrekord aufstellte. „Aufgrund der Verletzung bin ich das Rennen verhalten angegangen. Die Französin war sehr schnell unterwegs und hat verdient gewonnen“, sagte eine glückliche Irmgard Bensusan. Sie hatte sich vor einigen Jahren bei den südafrikanischen Meisterschaften der Nichtbehinderten beim Hürdenlaufen eine schwere Knieverletzung zugezogen, die zu einer Teillähmung und einem Nervenschaden im rechten Unterschenkel führte.
Knapper als Frederike Koleiski (28, Wesel/NRW, SV Alemannia Kamp) kann man kaum an Silber vorbeischrammen. Die 28-Jährige, die bereits früher bei den deutschen Juniorenmeisterschaften der Nichtbehinderten erfolgreiche Kugelstoßerin war, erzielte bei ihrem WM-Debüt die gleiche Weite wie die zweitplatzierte Chinesin Yue Yang (jeweils 11,75 Meter), und rutschte nur aufgrund des schlechteren zweitbesten Versuchs auf den Bronzerang in der Startklasse F44. „Natürlich ist es bitter, wenn man Silber so knapp verpasst. Das habe ich noch nie erlebt. Gleichzeitig freue ich mich aber sehr über Bronze“, so Koleiski. Früher hätte sie immer von Olympia geträumt, jetzt hoffe sie, dass sie es zu den Paralympics nach Rio schafft. Dort allerdings mit dem Diskus, da Kugelstoßen in ihrer Startklasse nicht paralympisch ist.
Zudem landete WM-Debütant Niko Kappel, der im Kugelstoßen die Silbermedaille holte, mit dem Speer auf Rang sieben und Léon Schäfer wurde über 200 Meter Achter. Erfreulich auch die Qualifikation von Thomas Ulbricht und Tobias Schneider für das Finale über 200 Meter mit Saisonbestleistung, nachdem das Duo den Endlauf über 400 Meter mit muskulären Problemen verpasst hatte.
Das deutsche Team hat nach sechs von zehn Wettkampftagen bereits fünfmal Gold, sechsmal Silber und siebenmal Bronze auf dem Konto. Am morgigen Donnerstag geht es spannend weiter, unter anderem starten Martina Willing und Marie Hawkeswood (Speer), Irmgard Bensusan (100 Meter), Felix Streng, David Behre und Johannes Floors über 100 Meter, Katrin Müller-Rottgardt (Weitsprung) sowie Reinhold Bötzel (Hochsprung).
In Doha kämpfen die besten Leichtathletinnen und Leichtathleten mit Handicap in insgesamt 214 Entscheidungen um die WM-Titel. Für das 30-köpfige deutsche Team geht es dabei nicht nur um WM-Medaillen, sondern auch um die ersten Startplätze für die Paralympics 2016 in Rio de Janeiro.