Bundesteilhabegesetz: Viel Lärm um Nichts?

Corinna Rüffer, MdB. Foto: Marco Piecuch
Corinna Rüffer, MdB.
Foto: Marco Piecuch

Das Bundesteilhabegesetz ist das größte verbleibende sozialpolitische Projekt der großen Koalition und ein großes Versprechen an Menschen mit Behinderung – und alles deutet darauf hin, dass die Bundesregierung es gerade bricht, kritisiert Corinna Rüffer, Sprecherin für Behindertenpolitik der Grünen heute in einer Pressemeldung.

Wenn der angekündigte Referentenentwurf nicht deutlich anders aussehen werde, als der im Januar bekannt gewordene Arbeitsentwurf des Bundessozialministeriums, hätte man sich die Arbeit sparen können. Es deute alles darauf hin, dass es bei der Einkommensanrechnung keine substanziellen Verbesserungen geben werde – sondern im Gegenteil in vielen Fällen Verschlechterungen.

Denn der Arbeitsentwurf sehe ein progressiv ansteigendes Kostenbeteiligungssystem vor, das das verfügbare Nettoeinkommen faktisch bei etwa 1.600 bis 1.800 Euro im Monat deckele. Auch die angekündigten Verbesserungen hinsichtlich des Einkommens und Vermögens der Partnerin oder des Partners seien im Arbeitsentwurf nicht zu finden. Stattdessen würden Partnerinnen und Partner eher noch stärker herangezogen, um die benötigten Unterstützungsleistungen zu finanzieren.

„Zu befürchten ist, dass das Wunsch- und Wahlrecht und somit die Selbstbestimmung der Betroffenen nicht gestärkt, sondern eingeschränkt wird. Denn laut Arbeitsentwurf soll der Vorrang „ambulant vor stationär“ entfallen und auch nicht mehr geprüft werden, ob eine Alternative zumutbar ist. Ausschlaggebend sollen nur noch die Kosten sein. Behinderte Menschen können dann leichter zu bestimmten Leistungsformen – beispielsweise zum Leben im Heim – gezwungen werden. Und die Sozialämter können künftig anordnen, dass behinderte Menschen Leistungen gemeinsam in Anspruch nehmen müssen. Zum Beispiel müssten sich dann zwei behinderte Menschen, die nahe beieinander wohnen, in der Nacht einen Assistenten teilen“, berichtet Rüffer.

Ein Bundesteilhabegesetz werde seinem Namen und der UN-Behindertenrechtskonvention aber nur gerecht, wenn es gleichberechtigte und selbstbestimmte Teilhabe ermögliche. „Wir erwarten von Ministerin Nahles, dass sie einen Gesetzentwurf vorlegt, der auf die Anrechnung von Einkommen und Vermögen verzichtet und gewährleistet, dass behinderte Menschen selbst entscheiden können, wie und wo sie leben wollen und wer sie unterstützt“, so Rüffer.

AWS/Pm

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