Miriam ist 23 Jahre alt und lebt mit Infantiler Zerebralparese. Durch eine Hirnschädigung bekommen ihre Muskeln im gesamten Körper vom Gehirn zu viele Informationen und verkrampfen. Auch Herz und Blase sind von dieser Informationsüberflutung betroffen. Seit ihrer Geburt ist sie deshalb auf regelmäßige Rehamaßnahmen und Hilfsmittel(-erneuerungen) angewiesen. Doch seit sie volljährig ist, sind die Bedingungen für sie deutlich erschwert. Es scheint nicht vorgesehen, dass ein Kind mit Behinderung erwachsen wird und weiterhin Therapien und Unterstützung benötigt.
Miriam betont: „Ich erlebe vor allem durch Social Media, dass ich nicht die Einzige bin, die das Gefühl hat, dass wir ab dem 18. Geburtstag, als ,ehemalige Kinder mit Behinderung‘ von unserem Sozialsystem nur noch ausgehalten werden. Egal wie alt wir sind, wir haben ein Recht auf Gesundheit und wenn wir die seit unserer Geburt oder einem Unfall verloren haben, haben wir immer noch ein Recht auf weitestgehende Gesundheit, mehr verlangen wir doch gar nicht.
Ich und viele andere haben keinerlei Chancen mehr auf Besserung. Einzig und allein um den Ist-Zustand erträglicher zu machen, werden eventuell Hilfsmittel genehmigt und auch das nicht immer. Wir sind gerade mal am Anfang unseres Lebens und sollen jetzt schon zusehen, wie es die nächsten Jahre langsam aber sicher schlechter wird?“
Sie beschreibt, dass es für Betroffene, die eine Erkrankung haben, die seit Geburt oder früher Kindheit besteht, durchaus Spezialisten gibt, die Behandlungen durchführen. Das Angebot endet dann aber mit der Volljährigkeit. Sie wünscht sich, dass existierende Therapien auch an Erwachsenen erprobt werden und die Finanzierung der selbigen von den Krankenkassen gewährleistet wird.
Der Autor des Buches Infantile Zerebralparese, Leonhard Döderlein, beschreibt in seinem Kapitel Der Erwachsene mit infantiler Zerebralparese das Problem ähnlich: „Jedes Kind und jeder Jugendliche mit Zerebralparese wird zum Erwachsenen mit Zerebralparese, der mit den lebenslang fortbestehenden Auswirkungen seines Gehirnschadens weiterleben muss. Angesichts der Tatsache, dass sich bisher fast ausschließlich Kinderorthopäden mit diesem Krankheitsbild beschäftigt haben und die Patienten damit jenseits des 16.–18. Lebensjahres aus dem Blickfeld verschwinden, erscheint es besonders dringlich, sich auch mit den Schwierigkeiten der erwachsenen Lähmungspatienten auseinanderzusetzen. Fast alle Probleme, denen der Jugendliche aufgrund seiner Behinderung ausgesetzt ist, pflegen im Erwachsenenalter kontinuierlich stärker zu werden. Neue Probleme gesellen sich hinzu, an deren vorderster Stelle die Schmerzen am Bewegungsapparat stehen […]. So erscheint es besonders wichtig, auf die Änderungen der Lebensumstände im Erwachsenenalter, die auch mit einer erheblichen Reduktion in den Therapieangeboten einhergehen, hinzuweisen. […] nicht zuletzt auch die schleppende Kostenübernahme der Behandlungen macht die Versorgung Erwachsener zu einem bisher immer noch sehr unbefriedigenden Unterfangen.“
„Ich kämpfe hier nicht nur für mich, ich kämpfe für jedes einzelne behinderte Kind in diesem Land, das irgendwann an dem Punkt steht, an dem ich jetzt stehe. Ich kämpfe dafür, dass wir als Erwachsene mit Behinderung in unserem Sozialsystem anfangen zu existieren, dass wir wahrgenommen und anerkannt werden“, so Miriam. Sie hat deshalb eine Petition gestartet, die bereits über 2200 Personen unterzeichnet haben, Tendenz steigend.