Als Rollstuhlfahrer in der Landwirtschaft arbeiten, geht das? Uli Schmölz ist mit dem Traktor auf den Feldern des väterlichen Betriebes unterwegs. Ein Fahrzeugumbau von Graf & Lipp machte es möglich.
Vielleicht hätte Uli Schmölz auf Dauer sein Geld als Skilehrer verdient. Vielleicht hätte er den Bauernhof seiner Eltern übernommen. Aber 1999 setzte ein Skiunfall diesen Überlegungen ein Ende. Seither ab dem 6 Brustwirbel querschnittgelähmt und Rollstuhlfahrer, musste sich der heute 33jährige neu orientieren.
Dass ihm das gut gelungen ist, macht ein Besuch im heimatlichen Allgäu deutlich. Uli Schmölz lebt in einem auf seine speziellen Anforderungen zugeschnittenen Haus in ländlicher Umgebung, die Eltern und mehrere Geschwister in unmittelbarer Nachbarschaft, und kann in seinem „neuen Leben“ auf etliche sportliche Erfolge stolz sein. Er spielt auf hohem Niveau Rollstuhlbasketball, besitzt für diesen Sport einen Trainerschein und ist Trainer des Landeskaders Bayern und darüberhinaus derzeit in der 2. Liga für die TSG Söfingen aktiv. Regelmäßiges Handbiketraining steht auf dem Programm, und auch von den Skiern hat er sich nach seinem Unfall nicht verabschiedet, sondern nach seinem Unfall die Befähigung zum Skilehrer für Behinderte erworben.
Basketball, Skilaufen, Radfahren – längst sind solche sportlichen Aktivitäten für Rollstuhlfahrer die normalste Sache von der Welt, denn es gibt Hightech-Sportmaterial, das auf die Bedürfnisse dieser speziellen Klientel abgestimmt ist. Auch der (Wieder)einstieg ins Arbeitsleben ist für Rollstuhlfahrer meist unproblematisch. Aber es liegt auf der Hand, dass bestimmte Tätigkeiten kaum für jemanden in Frage kommen, der sein Leben überwiegend im Sitzen zubringt. Als Sohn eines Bauern musste Uli Schmölz akzeptieren, dass die Übernahme des väterlichen Betriebes nach seinem Unfall nicht mehr in Frage kam. Aber bedeutete das automatisch, dass Landwirtschaft in seinem Leben keine Rolle mehr spielen würde? Sein Vater, unterdessen über sechzig, bewirtschaftet 30 Hektar Grünflächen, auf denen überwiegend Mais für eine Biogasanlage und Heu produziert wird.
Was spricht eigentlich dagegen, einen Ackerschlepper behindertengerecht umzurüsten? Die Frage stellte sich, denn Ernten, Mähen, Kreiseln sind Arbeiten, die im Wesentlichen maschinell vonstatten gehen, der Rest ist eine Frage der Organisation der Arbeitsabläufe. Ein Unternehmen mit Erfahrung auf diesem Gebiet fand sich nahezu in der Nachbarschaft. Die in Peißenberg beheimatete Graf & Lipp GmbH, Fachbetrieb in Sachen Fahrzeugumrüstungen für Behinderte, hatte schon Landmaschinen an die Bedürfnisse von mobilitätseingeschränkten Nutzern angepasst, und erwies sich als der richtige Partner für die Lösung des Problems. Die Berufsgenossenschaft sagte die Übernahme der Umbaukosten zu, und das Ergebnis kann sich sehen lassen. Auf dem Schmölz’schen Hof ist ein Deutz-Fahr-Traktor im Einsatz, den auch Uli Schmölz ohne Probleme dirigieren kann. Die Umrüstung auf Handbetrieb war unproblematisch, denn das Fahrzeug verfügt über ein automatisches Getriebe, so dass die Betätigung von Gas und Bremse wie in einem entsprechend umgerüsteten PKW aussieht. Das eigentliche Herausforderung war: Wie kommt ein Rollstuhlfahrer an einen Arbeitsplatz, der sich zwei Meter über Grund befindet? Mittels eines integrierten „Aufzugs“ wurde das Problem gelöst. Auf einem ausklappbarem Schwenksitz, der per Elektroantrieb die Distanz überbrückt, geht es aufwärts, von dort aus schwingt sich der Fahrer ins Cockpit, klappt den Sitz hoch und los geht‘s.
Freilich – der Rollstuhl kommt nicht mit, aber ein Ackerschlepper wird ja auch nicht genutzt wie ein PKW, nach getaner Arbeit führt der Weg zurück zur Scheune. Und an der Tankstelle kennt man den speziellen Kunden ohnehin. Uli Schmölz kann auf dem väterlichen Hof wieder aktiv mitmischen, und das ist, sagt er, ein gutes Gefühl. Den Jungenstraum vom Treckerfahren konnte er sich – wie viele in einen landwirtschaftlichen Betrieb Hineingeborene – schon in jungen Jahren erfüllen. Nun hat er ihn mit Unterstützung von Graf & Lipp zurückerobert.
Werner Pohl
Dieser Artikel erschien im RehaTreff 03/2013. Sie finden diesen Bericht interessant? Hier können Sie ein Abonnement für den RehaTreff bestellen. Das Jahresabo mit vier Ausgaben kostet 18.- € inklusive Versand und Mehrwertsteuer.
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