Studie zur Prognose von Verletzungen des Rückenmarks

Patientinnen und Patienten der BG Unfallklinik Murnau wirken an einer bahnbrechenden Studie zur Prognose einer Rückenmarkverletzung mit.

Die multizentrische Studie zeigt, dass unverletzte Gewebebrücken im Rückenmark aussagekräftige Prädiktoren für die Genesung von Patientinnen und Patienten mit Rückenmarkverletzungen im Bereich der Halswirbelsäule sind. Die Studienergebnisse haben das Potenzial, die klinische Praxis zu verändern und weitere Studien zu Rückenmarkverletzungen entscheidend voranzubringen.

 Die Prognose zur Genesung nach einer Querschnittlähmung ist trotz ihrer Bedeutung für die betroffenen Menschen und ihr Umfeld immer noch weitestgehend unklar. Forschende aus drei internationalen Querschnittzentren in Zürich (CH), Denver (USA) und Murnau (D) konnten nun eine relevante Bedeutung von sogenannten Neuroimaging-Messungen aus klinischen Magnetresonanztomographien (MRT) für die Vorhersage der sensorischen und motorischen Erholung bei Menschen mit Tetraplegie aufzeigen. Als Tetraplegie werden die Funktionsstörungen an den oberen und unteren Extremitäten sowie am Rumpf aufgrund einer Verletzung des zervikalen Rückenmarks bezeichnet.

Die Neuroimaging-Messungen können unverletzte Nervengewebsanteile, sogenannte „tissue bridges“ (spinale Gewebebrücken), innerhalb der Läsionsstelle im Rückenmark erkennen. Das internationale Forscherteam hat nun erfolgreich Modelle entwickelt, diese Gewebebrücken im Rückenmark für eine verbesserte Prognose der klinischen Ergebnisse einzubeziehen – ein entscheidender Mehrwert!

Konkret wurden in dieser wegweisenden Bildgebungsstudie die Fortschritte der Genesung bei den Patientinnen und Patienten etwa drei Monate nach der Verletzung und bei der Nachuntersuchung nach zwölf Monaten untersucht. Dadurch wurden überzeugende Beweise dafür geliefert, dass Gewebebrücken im Rückenmark mit kurz- und langfristigen klinischen Verbesserungen einhergehen, was die breite klinische Anwendbarkeit des Studienansatzes unterstreicht. Die Studie zeigt somit das unglaubliche Potential zur Optimierung der klinischen Entscheidungsfindung und der Patientenberatung, wenn die Gewebebrücken routinemäßig als Teil der klinischen Versorgungsstandards erfasst werden. Sie ist ein weiterer Schritt bei der Entwicklung spezifischerer Rehabilitationsprogramme und individualisierter Behandlungsstrategien für Menschen mit einer Rückenmarkverletzung.

Die Forschenden betonen, wie wichtig es ist, dass die Vorhersage der Genesung reproduzierbar und auf neue Patientinnen und Patienten verallgemeinerbar sind: „Unsere Modelle und Ergebnisse können auf andere Patientenkohorten übertragen werden und sind für alle Querschnittzentren, MRT-Scanner und Personen gültig, die die Messungen durchführen und beurteilen“.
Die Ergebnisse der Längsschnittstudie ‘Prognostic value of tissue bridges in cervical spinal cord injury‘ haben somit das Potenzial, die klinische Praxis zu verändern und sind der Grundstein für eine erfolgreiche Anwendung von multizentrischen Interventionsstudien.

Die Patientinnen und Patienten dieser multinationalen Studie wurden in der Universitätsklinik Balgrist, Zürich (Schweiz), in der BG Unfallklinik Murnau (Deutschland) und im Craig Hospital, Denver (USA) untersucht und in die Forschung mit einbezogen. Diese renommierten Kliniken und ihre Forschenden haben es sich zur Aufgabe gemacht, die medizinische Forschung voranzutreiben und durch innovative Studien und klinische Anwendungen die Ergebnisse für die Betroffenen zu verbessern.

Daran beteiligt war auch das Expertenteam um Dr. Doris Maier, Dr. Andreas Grillhösl, Dr. Iris Leister und Orpheus Mach aus dem Forschungsbereich des Zentrums für Rückenmarkverletzte an der BG Unfallklinik Murnau. Sie alle sind bestrebt, neue Ansätze für die Diagnose, Behandlung und Rehabilitation von Rückenmarkverletzungen zu entwickeln.

Die Studienergebnisse erschienen aktuell im Wissenschaftsmagazin „The Lancet Neurology“.

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