„Dass der Run, wegen des 9-€-Tickets, auf Bus und Bahn am 01.06.2022 zunächst ausgeblieben sei, mag jedenfalls in Göttingen nur auf die Bahnbenutzung zutreffen. Bei der Stadtbusbenutzung sah dies, zumindest mittags, etwas anders aus und nicht gerade zum Vorteil für Rollstuhlfahrer. Als ein Rollstuhlfahrer am 01.06.2022 um 14:39 mit dem verspäteten Stadtbus der Linie 42 von der Haltestelle „Weender Straße Ost“ zum Evangelischen Krankenhaus in der Zimmermannstraße fahren wollten, drängelten sich viele Fahrgäste vor ihm durch die Bustüren in das Fahrzeug, so dass der Stadtbus rappelvoll wurde. Auf die Frage des Rollstuhlfahrers an den Busfahrer, ob er nicht doch noch mitfahren dürfe, verneinte dieser, schloss die Türen und fuhr mit dem Bus davon. Der Rollstuhlfahrer musste dann den nachfolgenden Stadtbus der Linie 22 nehmen und kam mit Verspätung zum genannten Krankenhaus. Aus diesem unerfreulichen Vorfall ergeben sich nun folgende Fragen:
1. Haben Rollstuhlfahrer und auch Rollatorenbenutzer bei der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel nicht Vorrang vor nichtbehinderten Fahrgästen?
2. Hätte der Busfahrer der Linie 42 nicht einige nichtbehinderte Fahrgäste bitten können, das Fahrzeug wieder zu verlassen und entweder zu laufen oder den nächsten entsprechenden Bus zu benutzen.
3. Ergeben sich durch das 9-€-Ticket nicht generell Nachteile für Rollstuhlfahrer und Rollatorenbenutzer bei der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel?
Gerade die dritte Frage muss bejaht werden, denn wie das geschilderte Beispiel zeigt, ist diese Situation wie beim Sommer- oder Winterschlussverkauf. Viele nichtbehinderte Personen nehmen, gerade wenn es etwas billiges oder umsonst gibt, beim Sturm auf Geschäfte oder in diesem Fall auf öffentliche Verkehrsmittel keine oder wenig Rücksicht auf Rollstuhlfahrer und Rollatorenbenutzer und drängeln sich vor, weil sie körperlich einfach schneller sind. Rollstuhlfahrer und Rollatorenbenutzer werden dann ebenfalls fast gezwungen zu drängeln beziehungsweise sich zu behaupten, um in diesem Fall in öffentliche Verkehrsmittel zu gelangen. Das führt zu Stürzen und Unfällen und muss nicht sein. Um dies zu verhindern, sollte man folgende Lösungen, gerade im öffentlichen Verkehrsmittelbereich, vorschlagen:
1. Mehr Rücksichtnahme von nichtbehinderten Fahrgästen auf Rollstuhlfahrer und Rollatorenbenutzer, denn diese können die Fahrziele viel schwerer erreichen als Nichtbehinderte.
2. Drängeln sich nichtbehinderte Fahrgäste vor Rollstuhlfahrern und Rollatorenbenutzer, sollten Bus- und Bahnfahrer oder -schaffner eingreifen und den genannten benachteiligten Fahrgästen den Vorrang gewähren.
3. Es sollten, gerade in Stoßzeiten, größere Verkehrsmittel wie beispielsweise Gelenkbusfahrzeuge eingesetzt werden.
Wenn die drei Lösungsvorschläge oder zumindest die ersten beiden genannten in die Tat umgesetzt werden, wird ein gutes Miteinander bei der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel möglich sein.