Mit einem offenen Brief an das Bundesgesundheitsministerium, den Ausschuss für Gesundheit und zahlreiche andere öffentliche Institutionen möchte rehaKIND e.V. heute auf die Gefahren des Bundesratsvorstoßes zur Legalisierung/Legitimierung von externen Hilfsmittelgutachtern aufmerksam machen. Es gebe weder gesetzliche Grundlagen noch Notwendigkeiten für deren Einsatz. Wenn notwendig, sei der MDK für diese Gutachteraufgaben vorgesehen, so rehaKIND. Seit längerem ist die Arbeit der externen Hilfsmittelberater in der Kritik. „Schon jetzt zeigen zahlreiche Rückmeldungen von Eltern, Leistungserbringern, Ärzten und Therapeuten, dass diese Berater mit ihrer intransparenten Beauftragung und Qualifikation und ihrem unsensiblen Auftreten in die Kompetenzen der verordnenden Ärzte und des MDK eingreifen“, so rehaKIND in einer Pressemitteilung. Die betroffenen Familien fühlten sich unter Druck gesetzt, komplett veränderte Versorgungsentwürfe zu akzeptieren. Teilweise würden externe Berater eingesetzt, Begutachtungen des MDK zurück zu entwickeln oder zu reduzieren mit dem klaren Ziel, Kosten zu sparen. „Dieses trifft sicher nicht auf alle Akteure zu, lässt aber eine ganz klare Tendenz erkennen, die es zu verhindern gilt“, so der Verein.
Neben den datenschutzrechtlichen Vorbehalten, die ja auch vom Bundesversicherungsamt und anderen Stellen bereits angemahnt wurden, gibt es nach Auffassung von rehaKIND e.V. weder eine juristisch noch tatsächlich begründbare Notwendigkeit für die Einschaltung einer weiteren Begutachtungsinstanz.
Der Bundesrat fordert aktuell in einer Stellungnahme zum Gesetzentwurf für das GKV-Versorgungsstärkungsgesetz eine gesetzliche Legitimierung von solchen externen Hilfsmittelberatern. „Dies ist Anlass genug, einer schleichenden Aushöhlung bereits bestehender und funktionierender Versorgungsbegutachtungs- und Genehmigungsinstanzen mit dem Ziel, pauschal Kosten für die Krankenkassen zu sparen, engagiert entgegen zu wirken“, so rehaKIND.
Juristisch seien Aufgaben der Krankenkassen und des MDK eindeutig definiert, so dass eine Erforderlichkeit einer weiteren „Prüfungs- und Optimierungsinstanz“, so nennen es die Kassen, nicht zu erkennen sei. Alle diesbezüglichen Argumentationen pro externe Hilfsmittelberater basierten auf nicht überprüfbaren Behauptungen und Annahmen. Vielmehr ist der neue Gesetzentwurf nach Auffassung von rehaKIND und anderen Verbänden ein nicht notwendiges, aber erfolgreiches Ergebnis von Lobbyarbeit zum Schaden der Versorgungsqualität der Kinder.
Der Verein weiter: „Im Sinne einer individuellen, die Entwicklung fördernden und die Ressourcen berücksichtigenden Versorgung auf der Basis der ICF, wie in der Hilfsmittelrichtlinie festgeschrieben, muss der MDK bereits jetzt die versicherten Familien beraten und bei der Auswahl der Hilfsmittel unterstützen. Dies kann zum einen nicht aufgrund von Aktenlage erfolgen, zum anderen ist die Verordnungshoheit des Arztes nicht von einem externen Hilfsmittelberater anzuzweifeln, der dies aufgrund seiner fehlenden und nicht ausgewiesenen Qualifikation gar nicht fachlich bewerten kann. Mit der geplanten Aufwertung der „Gutachten“ der externen Berater werden die bestehenden Qualitätskriterien für die Hilfsmittelversorgung zum Schaden für alle Beteiligten ad absurdum geführt.“ Deshalb sei bei einer gesetzlichen Regelung die Festschreibung der Qualifikation der externen Berater mindestens auf dem Niveau der fachlichen Leitung bei Leistungsgerbringern oder bei Komplexversorgungen, auf dem gleichen Niveau wie beim MDK anzusiedeln. Auch die Aufgabenfelder seien genau festzulegen, ebenso wie die Vorgehensweisen der Berater, sowohl datenschutz- als auch sozialrechtlich.
„In der Annahme, dass alle am Versorgungsprozess der Kinder beteiligten Professionen nach bestem Wissen und im multidisziplinären Team die Hilfsmittel auswählen, gibt es keine Grundlage für eine zusätzliche Optimierungsinstanz, welche, oft nach Aktenlage, die Lösungen der Experten korrigiert. Jede Versorgung muss heute schon dem Grundsatz wirtschaftlich, ausreichend, notwendig und zweckmäßig entsprechen. Mit dieser neuen Doppel-Gutachterstruktur ist zu befürchten, dass die im System vorhanden Budgets vom Patienten weg und in Honorare für zusätzliche Berater fließen – ohne erkennbaren Nutzen für die Versicherten, ohne juristische Handlungsgrundlagen und ohne Beachtung des Datenschutzes. Dies alles legt die Vermutung sehr nahe, dass die vermeintlich neutralen externen Berater nicht die Versorgungsprozesse optimieren sollen, sondern vielmehr zusätzlich Geld an notwendigen Versorgungen einsparen helfen sollen“, kritisiert rehaKIND.
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