Über drei Sekunden lag Anna Schaffelhuber bei der ersten Zwischenzeit vor ihrer großen Konkurrentin Alana Nichols (USA). Doch der Wettkampfauftakt bei den Paralympics in Sotschi entwickelte sich zu einem echten Krimi: Nur hauchdünne 0,14 Sekunden rettete Schaffelhuber über die Ziellinie, und als die zweite Mitfavoritin Claudia Lösch nach ihr ausfiel, war der ersehnte Traum perfekt: Gold für die deutsche Monoskifahrerin direkt im ersten Rennen. „Ich bin einfach nur glücklich und kann es noch gar nicht richtig glauben. Jetzt habe ich mein großes Ziel direkt erreicht, der Druck ist weg“, sagte die 21-jährige Bayerbacherin mit einem breiten Lächeln. Auf den bestens gefüllten Tribünen im sonnigen Alpin Center von Rosa Khutor jubelte ihr auch ihre Familie zu. „Sie haben es ganz knapp vor dem Start geschafft, mir noch alles Gute zu wünschen. Das war eine besondere Motivation“, betonte Schaffelhuber.
Sie habe zwar zu den Mitfavoritinnen gezählt, fest eingeplant war die Goldmedaille in der Abfahrt aber nicht. So kam Schaffelhuber, die von Geburt an querschnittgelähmt ist, in der Klasse der Sitzenden bestens vom Start weg, fuhr aber im Flachstück nicht konsequent genug. „Da habe ich Zeit liegen lassen“, sagte die Jura-Studentin. Doch der Vorsprung reichte knapp – und die Freude über ihr erstes paralympisches Gold war umso größer. Zufrieden war auch Anna-Lena Forster, die bei ihrem ersten paralympischen Rennen überhaupt Vierte wurde. „Der Abstand auf die Medaillen war geringer als erwartet. Jetzt habe ich das Gröbste überstanden“, schmunzelte die 18-Jährige nach der Bewältigung der schwierigen Abfahrt.
Nicht für eine Medaille reichte es nach einem Fehler für Fahnenträgerin Andrea Rothfuss in der Klasse der Stehenden. „Ich habe oben eine Welle erwischt und der Oberkörper war verdreht. Danach ist es nicht mehr weitergegangen“, erklärte die 24-Jährige. Die Enttäuschung über die verpasste Medaille halte sich aber in Grenzen. „Ich habe noch vier Disziplinen vor mir und werde voll angreifen.“
Ebenfalls ohne Edelmetall blieb das Monoskifahrer-Trio bei den Herren. Überschattet wurde das Rennen, bei dem nur zwölf von 21 Startern ins Ziel kamen, von zwei schlimmen Stürzen des Amerikaners Tyler Walker und des Mexikaners Arly Velasquez. „Ganz glücklich bin ich nicht, aber ich bin heile angekommen“, lautete denn auch das Fazit von Georg Kreiter, der als bester Deutscher bei seiner Paralympics-Premiere Achter wurde. „Die Piste ist grundsätzlich schwierig zu fahren, erst recht bei den Bedingungen. Aber das war auch schon im Training so“, sagte Kreiter. Thomas Nolte fuhr auf Platz elf, Abfahrts-Weltmeister Franz Hanfstingl schied nach einem Sturz aus. „Es sieht so aus, dass alles glimpflich gelaufen ist. Wir werden ihn aber zur Sicherheit noch einmal untersuchen“, berichtete Bundestrainer Justus Wolf. Groß war die Freude hingegen über den Sieg von Anna Schaffelhuber. „Ich wusste, dass sie Gold gewinnen kann. Sie hat sich im Speedbereich sehr verbessert.“ Während die deutschen Athletinnen um die frischgebackene Paralympics-Siegerin morgen pausieren, steht für Kreiter und Co. morgen Super-G auf dem Programm (10 Uhr Ortszeit).
Andrea Eskau erfüllt sich Goldtraum im Biathlon
Sotschi, 13. März 2014. Was für ein Auftakt für die deutsche Paralympic-Mannschaft in Sotschi. Gleich im ersten Rennen gab es die erhoffte Medaille für das Team von Bundestrainer Ralf Rombach. Am Ende war es ein Start-Ziel-Sieg. Aber Andrea Eskau wurde bei ihrem Goldlauf von Sotschi von der starken Konkurrenz nichts geschenkt. Mit einer fehlerfreien Schießleistung legte die 42-jährige im Biathlonwettbewerb über sechs Kilometer den Grundstein zum erträumten Gold bei Winter-Paralympics. Die dreifache Goldmedaillengewinnerin bei den Sommer-Paralympics verwies bei den Sitzskifahrern die Russin Svetlana Konovalova und Olena Iurkovska (Ukraine) auf die weiteren Medaillenränge.
„Es war heute ein optimales Rennen, ausgewogen das Risiko und die Sicherheit. Beim zweiten Schießen hätte ich mir gewünscht, dass etwas rhythmischer ist. Ich habe etwas auf Sicherheit geschossen, weil ich wusste dass ich vorne dabei bin. Für mich ist heute mit Biathlon-Gold ein Traum in Erfüllung gegangen. Das ist was ganz, ganz großes“, strahlte Eskau mit der Sonne um die Wette.
Buchstäblich mit dem letzten Schuss verfehlte Anja Wicker eine zweite Medaille für das deutsche Team. Die Sitzskifahrerin vom MTV Stuttgart kam in der gleichen Klasse mit einem Rückstand von 49,7 Sekunden auf den sechsten Rang. „Ich bin zufrieden und doch unzufrieden. Es hat gut angefangen, es lief alles nach Plan, dann ging der letzte Schuss leider daneben. Es hätte heute ein richtig guter Platz werden können, das habe ich mir versaut. Es war sehr schade, ich dachte ich kann mit Null durchkommen. Von dem her war die Enttäuschung sehr groß. Die Bedingungen waren heute fast perfekt, der Schnee nicht so weich wie die Tage zuvor. Ich habe die Bestätigung, dass ich vorne mitlaufen kann. Dies gibt mir Motivation für die nächsten Tage“, bilanzierte Wicker.
Nicht ganz so gut verlief das Rennen für Martin Fleig. Der Sitzskifahrer aus Gundelfingen kam nach zuletzt mehreren gesundheitlichen Problemen und einem Schießfehler („Rombach, den darf er eigentlich nicht machen, denn er ist unser bester Schütze“) bei den Herren auf den neunten Rang. Inzwischen von der Sonne aufgeweicht, hatten auch die beiden anderen deutschen Starter bei den Blinden und Sehbehinderten im tiefen Sulzschnee von Sotschi nichts mit der Vergabe der Medaillenränge zu tun. So kam Vivian Hösch (RIG Freiburg) an der Seite von Guide Norman Schlee trotz fehlerfreier Schießleistung nicht über den fünften Rang hinaus. „Ich zufrieden, weil ich gut geschossen habe“, sagte Hösch. Und Rombach ergänzte, „dass Vivian im schweren Geläuf noch nicht so weit ist, um in der Weltspitze ganz vorne mitlaufen zu können“.
Ihr Freiburger Teamkollege Willi Brem belegte mit einer „Fahrkarte“ den neunten Rang und stand sich gleich bei Rennbeginn mit einem Sturz nach dem Start selbst im Wege. „Nach dem Sturz war ich verkrampft und habe eine Weile gebraucht um richtig in Tritt zu kommen“, erklärte der mehrfache Medaillengewinner bei Paralympics nach dem Rennen.
Insgesamt zufrieden mit dem Auftakt natürlich auch Bundestrainer Ralf Rombach: „Ich muss das Ganze erst einmal realisieren. Das ist natürlich ein perfekter Start. Andrea wurde für ihre harte Arbeit belohnt. Ich freue mich riesig über den Erfolg. Aber als Trainer kommen einem auch andere Gedanken in den Kopf. Anja Wicker hat ein richtig gutes Rennen gezeigt und war auf Medaillenkurs und hat mit dem letzten Schuss die Silbermedaille verloren. Das ist sehr schade. Natürlich sind wir mit dem Auftakt der Paralympics sehr zufrieden, es ist schon ein bisschen Ballast abgefallen.
O-Töne von der Biathlon Strecke:
Anja Wicker: „Ich bin zufrieden und doch unzufrieden. Es hat gut angefangen, es lief alles nach Plan, dann ging der letzte Schuss leider daneben. Es hätte heute ein richtig guter Platz werden können, das habe ich mir versaut. Es war sehr schade, ich dachte ich kann mit Null durchkommen. Von dem her war die Enttäuschung sehr groß. Die Bedingungen waren heute fast perfekt, der Schnee nicht so weich wie die Tage zuvor. Ich habe die Bestätigung, dass ich vorne mitlaufen kann, das gibt mir Motivation für die nächsten Tage.
Andrea Eskau: Es war heute ein optimales Rennen, ausgewogen, das Risiko und Sicherheit. Beim zweiten Schießen hätte ich mir gewünscht, dass etwas rhythmischer ist. Ich habe etwas auf Sicherheit geschossen, weil ich wusste dass ich vorne dabei bin. Für mich ist heute mit Biathlon-Gold ein Traum in Erfüllung gegangen. Das ist was ganz, ganz großes. Ich denke jetzt von Tag zu Tag, möchte erst einmal gut regenerieren. Am Sonntag werden ganz andere Bedingungen sein. Ich habe den Erfolg realisiert, freue mich, dass ich der Paralympic Mannschaft einen so guten Auftakt bescheren konnte. In London hat jeder Gold von mir erwartet, von dem her ist das Biathlon-Gold etwas ganz Besonderes.
Bundestrainer Ralf ROMBACH: Ich muss das Ganze erst einmal realisieren. Das ist natürlich ein perfekter Auftakt. Andrea wurde für ihre harte Arbeit belohnt. Ich freue mich riesig über den Erfolg. Aber als Trainer kommen einem auch andere Gedanken an den Kopf. Anja Wicker hat ein richtig gutes Rennen gezeigt und war auf Medaillenkurs und hat mit dem letzten Schuss die Silbermedaille verloren. Das ist sehr schade. Natürlich sind wir mit dem Start in die Paralympics sehr zufrieden, es ist schon ein bisschen Ballast abgefallen.