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Bereits am frühen Sonntagmorgen setzte Tanja Scholz (PSV Neumünster) ein dickes Ausrufezeichen im OCBC Aquatic Centre in Singapur: Die 41 Jahre alte Schwimmerin, die im vergangenen Jahr in Paris Gold auf den 150 Meter Lagen und Silber auf den 50 Meter Freistil gewinnen konnte, schwamm die 50 Meter Brust in der Startklasse SB2 in 1:02,27 Minuten – Weltrekord! „Es war einfach nur fantastisch! Brustschwimmen ist eigentlich sehr schwer für mich. Da steckt sehr viel Arbeit drin. Es war perfekt“, freute sich Scholz nach ihrem Vorlauf, in dem sie über neun Sekunden schneller war als die zweitplatzierte Britin Ellie Challis.
Im Finale legte Scholz aber nochmal einen drauf: Nach 1:00,95 Minuten schlug die 41 Jahre alte Athletin im Ziel an – und unterbot ihren Weltrekord vom Vormittag nochmals! Damit holte sie sich ihre siebte Goldmedaille bei Weltmeisterschaften. Silber ging an Challis, die nach knapp 8,5 Sekunden nach Scholz im Ziel ankam. „Ich hatte noch eine Rechnung mit Ellie offen“, gestand Scholz im Ziel. „Das erste Mal als ich Brust geschwommen bin, hat sie mir 20 Meter abgenommen. Und ich habe mir da gedacht: Das kann doch einfach nicht wahr sein!“ Am Sonntag ließ dann Scholz der Britin keine Chance. Bronze ging an Diana Koltsova. „Tanja war heute sensationell“, freute sich die Bundestrainerin Ute Schinkitz. „Die Temperaturen hier sind perfekt für sie.“
Maurice Wetekam vom TSV Bayer 04 Leverkusen zog auf den 100 Meter Brust (SB9) als Viertschnellster ins Finale ein: Mit 1:08,76 Minuten gelang ihm eine Saisonbestleistung. In der Abendsession schwamm der Bronzemedaillengewinner von Paris auf seiner Paradestrecke dann auf Rang sieben, schlug nach 1:09,23 Minuten im Ziel an. Zufrieden war er damit nicht: „Auf gut Deutsch gesagt, geht es mir scheiße. Mein Jahr war schwierig. Ich konnte nicht richtig trainieren, es lief nicht.“ In den kommenden Tagen will der Dortmunder auf seinem guten Vorlauf aufbauen.
Die weiteren deutschen Finalteilnehmerinnen waren Verena Schott (BPRSV) und Naomi Maike Schwarz (SV Motor Babelsberg). Während Schott, die im Januar ihr drittes Kind zur Welt brachte, auf den 100 Meter Rücken (S6) starke Vierte in 1:26,35 Minuten wurde, kam Schwarz auf einer ihrer Nebenstrecken, den 100 Meter Rücken (S12), als Siebte (1:16,72 Minuten) ins Ziel. Sowohl Schott als auch Schwarz schwammen persönliche Saisonbestzeit.
Am Montag könnten direkt die nächsten Highlights für das deutsche Team folgen: Die mit Paralympics-Gold dekorierten Tanja Scholz, Taliso Engel und Josia Topf gehen am zweiten Wettkampftag ebenso an den Start wie Gina Böttcher, Mira Jeanne Maack, Philip Hebmüller und Maurice Wetekam.
Weitere Stimmen aus dem deutschen Team:

Tanja Scholz: „Ich bin so erleichtert, dass der Spagat zwischen Arbeit und Training wirklich geklappt hat. Das war jetzt nämlich die große Frage: Bekomme ich das beides gehändelt? Und jetzt ist es Gold geworden, es hat geklappt! Ich bin so erleichtert. Das ging heute mit ganz viel Training und Dank eines Trainers, der sehr hartnäckig ist und mir gesagt hat: ‚Tanja, du trainierst Brust. Das müssen wir auch machen.‘ Und dann ist es so gekommen, dass ich mit Ellie (Callis, Anm. d. R.) noch eine Rechnung offen hatte: Das erste Mal als ich Brust geschwommen bin, hat sie mir 20 Meter abgenommen. Und ich habe mir da gedacht: Das kann doch einfach nicht wahr sein! Das war noch offen und heute hat’s geklappt, ich habe sie geschlagen. Heute Abend passiert nicht mehr so viel, ich habe heute Nacht nur zwei Stunden geschlafen, der Jetlag ist echt noch bemerkbar. Ich hoffe, ich falle ins Bett und kann schlafen – nachdem ich mit meinen Kindern telefoniert habe.“
Verena Schott: „Ich fühle mich durchwachsen. Auf der einen Seite bin ich stolz, auf der anderen Seite ein bisschen enttäuscht. Aber ich habe noch ein paar Rennen und ich glaube, ich muss das von heute noch ein wenig aufarbeiten. Ja, im Januar kam noch ein kleiner Nachzügler. Ich bin erst drei Monate wieder im Training, habe mir mit der Maus richtig Zeit gelassen, bevor ich zurückgekommen bin. Ich habe von unserer Bundestrainerin alle Zeit der Welt bekommen, um das zu genießen. Ich sollte eigentlich noch stolzer auf mich sein, aber ich glaube, dafür bin ich zu ehrgeizig. Aber: Am Ende wartet immer jemand auf mich, der stolz auf mich ist.“
Maurice Wetekam: „Auf gut Deutsch gesagt, geht’s mir scheiße. Das Jahr nach den Paralympics ist für jeden immer schwer, man kann nicht wirklich etwas vorhersehen. Am Ende haben es die anderen besser gemacht. Mein Jahr war schwierig. Ich konnte nicht richtig trainieren, es lief nicht. Der Vorlauf lief gut, ich dachte: Okay, vielleicht geht da nochmal was. Das hat sich eigentlich auch so angefühlt, aber jetzt stehe ich hier. Es ist dumm gelaufen, aber darauf kann ich aufbauen. Am Ende kann ich es in den nächsten Rennen einfach nur so versuchen wie heute Morgen. Ich dachte auch heute Nachmittag, dass es genauso gelaufen ist wie am Vormittag, ich hatte nichts großartig anders gemacht: Einschwimmen, das ganze Vorprogramm – es war alles gleich. Ich versuche, das Beste aus den nächsten Tagen zu machen, mal sehen, was kommt.“
Weitere Informationen sowie Ergebnisse der Para Schwimm-WM gibt es auf World Para Swimming
Livestreams zur Para Schwimm-WM gibt es auf dem YouTube Kanal Paralympic Games
Text: Patrick Dirrigl / DBS
Foto: Ralf Kuckuck / DBS


