Die Sobek-Stiftung zeichnete am vergangenen Wochenende im Neuen Schloss in Stuttgart zwei Mediziner für ihre wegweisenden wissenschaftlichen Arbeiten in der Multiple-Sklerose-Grundlagenforschung aus. Der mit 100.000 Euro europaweit höchstdotierte Preis für Grundlagenforschung, der Sobek-Forschungspreis, ging an Prof. Dr. Marco Prinz (44), Direktor am Institut für Neuropathologie des Universitätsklinikums Freiburg. Den Sobek-Nachwuchspreis mit 10.000 Euro Preisgeld erhielt Dr. Stefan Bittner (31) vom Institut für MS-Forschung der Universitätsklinik Münster.
Sobek-Forschungspreis 2014
Das Forschungsinteresse des 1970 in Cottbus geborenen Prof. Dr. Marco Prinz gilt dem angeborenen Immunsystem bei Erkrankungen des Zentralen Nervensystems, dabei insbesondere der Rolle der Mikroglia-Zellen. Diese Immunzellen übernehmen im Gehirn wichtige Aufgaben beim Erkennen und Beseitigen schadhafter Nervenzellen und Fremdkörper. Die Erkenntnisse des Direktors des Instituts für Neuropathologie des Universitätsklinikums Freiburg liefern die Basis für ein besseres Verständnis der Krankheitsmechanismen bei Multipler Sklerose (MS). So konnten Forscher um Prinz erstmals erklären, dass und wie Mikroglia-Zellen im Gehirn zur Schädigung von Nervenzellen beitragen. Daraus ergeben sich wichtige Impulse für die Entwicklung neuartiger Forschungsansätze und neuer Therapien. Durch seine Forschungsbeiträge über die Mikroglia hat Prinz bereits heute Weltgeltung erlangt. Das belegen zahlreiche hoch angesehene wissenschaftliche Publikationen und mehrere Wissenschaftspreise.
Staatssekretär Jürgen Walter, Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg, hob in seiner Laudatio auf den Sobek-Forschungspreisträger hervor: „Prof. Prinz hat es in beeindruckender Weise vermocht, in weltweiten Netzwerken der Wissenschaft die noch immer ungelösten Fragen der Neurodegeneration bei MS mit neuen Ideen und Projekten anzugehen – und somit die Forschungsarbeit voranzutreiben. Prof. Prinz hat schon in jungen Jahren herausragende wissenschaftliche Leistungen vollbracht, wodurch er in seinem Gebiet international zur Spitzengruppe gehört.“
Sobek-Nachwuchspreis 2014
Der Sobek-Nachwuchspreis ging an den 31-jährigen Dr. Stefan Bittner von der Universität Münster. Sein Forschungsschwerpunkt liegt auf der Rolle der Ionenkanäle in der Pathophysiologie der Multiplen Sklerose. Er konnte zeigen, dass Zwei-Poren-Kaliumkanäle Immunzellen das Durchdringen der eigentlich nicht überwindbaren Blut-Hirn-Schranke und damit den Eintritt ins Nervensystem ermöglichen. Der junge Mediziner kann darüber hinaus auch erklären, wie die Kanäle weiterhin zur Entstehung der Krankheit beitragen: „Zuerst regulieren sie die Aktivierung von Immunzellen, dann steuern sie die Einwanderung ins zentrale Nervensystem. Dort tragen sie zum Tod von Nervenzellen bei.“
Staatssekretär Jürgen Walter gratulierte den Preisträgern Prof. Prinz und Dr. Bittner: „Multiple Sklerose ist immer noch in vielen Fällen unheilbar. Aufgrund enormer Forschungsanstrengungen der Wissenschaft wissen wir inzwischen viel mehr über die Ursache dieser Erkrankung des zentralen Nervensystems. Die beiden Wissenschaftler, die heute für ihre herausragenden Forschungsarbeiten ausgezeichnet werden, tragen mit dazu bei, die Symptome dieser heimtückischen Krankheit erträglicher zu machen und den Menschen durch Verbesserungen in Diagnose und Therapie mehr Lebensqualität zu schenken.“
Walter würdigte die Sobek-Stiftung als prominentes Beispiel zivilgesellschaftlichen Engagements für Wissenschaft und Forschung. Nur durch die Bündelung der öffentlichen wie privaten Anstrengungen werde es gelingen, im weltweiten Wettbewerb der Wissensgesellschaften auch künftig Spitzenleistungen in der Forschung zu erzielen. Der mit 100.000 Euro dotierte Multiple Sklerose-Preis leiste hierzu einen wichtigen Beitrag. Prof. Dr. med. Klaus V. Toyka, Vorsitzender des wissenschaftlichen Beirats der Sobek-Stiftung, würdigte die herausragende wissenschaftliche Leistung Bittners und bekräftigte in seiner Laudatio: „Dr. Bittners aktuelle Arbeit zur Rolle von Kaliumkanälen bei MS wird einen möglicherweise entscheidenden neuen Weg der Pathogenese der MS eröffnen.“
Roman, Marga und Mareille Sobek-Stiftung
Mit dem Sobek-Forschungspreis der Stiftung aus Renningen, Baden-Württemberg, werden richtungsweisende Leistungen von Wissenschaftlern an Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen im Bereich der Multiplen Sklerose und der dazugehörenden Grundlagenforschung ausgezeichnet. Entscheidungskriterien sind allein Qualität und Exzellenz der Forschungsleistung. Es kann sowohl eine außerordentliche wissenschaftliche Einzel- als auch eine Gesamtleistung gewürdigt werden. Die Sobek-Stiftung verleiht ihren Forschungspreis auf Vorschlag eines wissenschaftlichen Beirates in Zusammenarbeit mit der AMSEL, Aktion Multiple Sklerose Erkrankter, Landesverband der DMSG in Baden-Württemberg e.V. und der Deutschen Multiple Sklerose Gesellschaft, Bundesverband e.V. (DMSG). Die Schirmherrschaft für die Preisverleihung hat das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst in Baden-Württemberg.