Nach einem aktuellen Gutachten des Paritätischen Gesamtverbandes hat die soziale Spaltung in Deutschland deutlich zugenommen. Immer weniger Menschen haben am wachsenden Wohlstand teil, immer größer werde die Kluft zwischen Arm und Reich. Die Analyse ausgewählter Kennziffern ergebe, dass der soziale Zusammenhalt in Deutschland akut gefährdet sei. Der Verband fordert die Bundesregierung auf, das weitere Auseinanderdriften der Gesellschaft zu stoppen. Notwendig seien ein sozialpolitischer Kurswechsel und eine andere Steuerpolitik.
„Uns geht es darum, ein Korrektiv zur einseitigen ökonomistischen Perspektive des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung zu etablieren. Denn: Deutschland ist nicht nur Wirtschaftsstandort, sondern vor allem Lebensstandort“, erläutert Prof. Dr. Rolf Rosenbrock, Vorsitzender des Paritätischen Gesamtverbandes, anlässlich der Vorstellung des ersten Jahresgutachtens zur Entwicklung des sozialen Zusammenhalts in Deutschland, das der Verband ab sofort in jedem Frühjahr vorlegen wird.
Die Ergebnisse seien alarmierend. „Hinter den volkswirtschaftlichen Erfolgsbilanzen verbirgt sich eine fortschreitende Spaltung der Gesellschaft. Immer größere Bevölkerungsgruppen werden sozial abgehängt, der Trend ist bedrohlich“, bilanziert Dr. Joachim Rock, Verfasser des Gutachtens. Noch nie habe es so viele Erwerbstätige gegeben, aber ebenfalls noch nie so viele prekäre Tätigkeiten und Teilzeitbeschäftigungen. Zudem stagniere laut Gutachten die Zahl der Langzeitarbeitslosen trotz guter Wirtschaftslage auf hohem Niveau und auch die Armutsquote habe einen Höchststand erreicht.
„Das soziale Bindegewebe, der Kitt, der unsere Gesellschaft zusammenhält, bröckelt. Diese Entwicklung gefährdet langfristig auch den Wirtschaftsstandort Deutschland“, warnt Verbandsvorsitzender Rosenbrock. Aus dem Gutachten erwachse die deutliche Mahnung an die Bundesregierung, einen politischen Kurswechsel vorzunehmen: „Wir brauchen eine entschlossene Politik der Arbeitsförderung und konkrete Maßnahmen gegen Armut und Ausgrenzung. Dies ist auch eine Frage des Geldes. Wer die soziale Spaltung wirklich bekämpfen will, kommt um einen steuerpolitischen Kurswechsel zurück zu einer solidarischen Finanzierung unseres Gemeinwesens nicht herum.“