Seit mittlerweile zwei Jahrzehnten versorgt Albert Föhrenbühler Rollstuhlfahrer mit Produkten rund um ihr zentrales Fortbewegungsmittel. In den Anfängen hatte er dabei einen Mitarbeiter im Rollstuhl an seiner Seite, heute führt er das Geschäft gemeinsam mit seiner Tochter Nicole Püschel und einem 15-köpfigen Mitarbeiterteam. Ihr Slogan: t-rv möchte Menschen, die auf den Rollstuhl angewiesen sind, mit hochwertigen Hilfsmitteln versorgen und ihnen damit helfen, ihren Alltag etwas angenehmer zu gestalten.
Bis zum Jahr 2011 gab es noch ein wichtiges Familienmitglied in der Firma, um das sich viel zentrierte. Sohn Marco kümmerte sich vor allem um die administrativen Tätigkeiten. Er starb jedoch an den Folgen einer Progressiven Muskeldystrophie und hinterließ in Familie und Firma eine schmerzvolle Lücke. Albert Föhrenbühler, Sohn eines Karlsruher Einzelhändlers, ging überhaupt nur wegen der körperlichen Einschränkungen seines Sohnes in die Reha-Branche, Tochter Nicole lernte auch wegen des Schicksals ihres Bruders den Beruf der Ergotherapeutin. Nachdem sie einige Jahre in verschiedenen Kliniken vor allem mit Schlaganfallpatienten gearbeitet hatte, stieg sie 2010 in den Reha-Vertrieb des Vaters mit ein.
Revolutionäre Wabenstruktur
Begonnen hat alles im September 1996 mit einem revolutionären Anti-Dekubitus-Sitzkissen. Albert Föhrenbühler bekam die Chance, nachdem er dort schon im Außendienst gearbeitet hatte, die Leitung der Tuszynski Reha Vertriebs GmbH in Witten zu übernehmen – und das Anti-Dekubitus-Kissen aus den USA, das mit einer neuartigen Wabenstruktur punktete, in Deutschland zu vertreiben. Das Kissen des Herstellers Supracor gehört noch heute zum Sortiment von Albert Föhrenbühlers Firma, die ihren Sitz inzwischen vor den Toren Karlsruhes hat und seit 2001 t-rv Technik und Reha Vertriebs GmbH heißt.
Doch zurück zu den Anfängen und dem aufsehenerregenden Anti-Dekubitus-Kissen: „Vorher gab es eigentlich nur Gel- und Schaumstoffkissen sowie Luftkissen. Supracor setzte nun Polyurethan als Material ein, was die positive Eigenschaft hatte, dass die Kissen erstmals auch waschmaschinen- und trocknertauglich waren. Mit der Wabenstruktur war das Supracor-Kissen extrem leicht, und es gab keinen Hitze- und Feuchtigkeitsstau mehr“, erzählt Albert Föhrenbühler. Das durch seine Druckentlastung vielfältig einsetzbare Wabenmaterial hat mittlerweile Eingang in zahlreiche Produkte gefunden, vom Waben-Flipflop, über Einlegesohlen, Waschhandschuhe bis hin zur bequemen Sattelunterlage im Reitsport. All diese Produkte, die nichts mit dem Rollstuhl zu tun haben, vertreibt t-rv heute unter dem Namen der Tochterfirma euvital.
Rampen für den Bundespräsidenten
Seit den Anfängen ist aber auch eine ganze Fülle von Artikeln speziell für Rollstuhlnutzer hinzugekommen, die t-rv bundesweit und in zahlreichen anderen Staaten, beispielsweise Österreich, Schweiz, Spanien, Italien, Niederlande, Tschechien und Slowenien, vertreibt. Gurt-, Rücken-, Kopfstützen- und Autopositionierungssysteme, Rollstuhlzubehör für die Verbesserung der Fahreigenschaften und Rampensysteme. „Rampen werden wir künftig auch verleihen“, kündigt Albert Föhrenbühler an. Es gebe immer wieder Anfragen für Großveranstaltungen, wo Zelte barrierefrei gemacht werden sollen. In diesem September sorgt t-rv sogar für Barrierefreiheit beim Sommerfest des Bundespräsidenten vor dem Schloss Bellevue.
Acht Hersteller beliefern inzwischen das große t-rv-Lager in Rheinstetten bei Karlsruhe. Dort hatte die Familie im Jahr 2010 neu gebaut, nachdem das Hinterhofanwesen, in dem die Firma jahrelang in der Karlsruher Gartenstraße ihren Sitz hatte, endgültig zu klein geworden war. „Das Besondere bei uns ist, dass wir die meisten Produkte vorrätig haben, diese also noch am gleichen Tag versenden können“, unterstreicht Geschäftsführerin Nicole Püschel. „Das hilft den Betroffenen sehr, denn durch die viel kürzer gewordenen Klinikaufenthalte benötigen sie sehr kurzfristig Hilfsmittel für den Alltag.“ Das Unternehmen beliefert die Patienten überwiegend über Sanitätshäuser oder Kliniken. Dass Kunden direkt in die Firma kommen, ist noch die Ausnahme. Der Reha-Handel werde immer schneller, erzählt sie. Die allgemeine Kritik, dass die Kostenträger Bewilligungen verzögern oder nicht erteilen, kann man bei t-rv nicht teilen. „Wenn die Anträge gut formuliert werden, gibt es normalerweise keine Probleme“, meint Albert Föhrenbühler. Er hat beobachtet, dass die Kostenträger inzwischen durchaus wahrnehmen, dass Sparen auf Kosten von Qualität sich längerfristig nicht auszahlt.
Zweiklassengesellschaft auf dem Reha-Markt
Natürlich werden von seinen eher höherpreisigen Produkten nicht alle komplett übernommen. Aber der Unternehmer beobachtet, dass es einen wachsenden Kundenkreis gibt, der sich bewusst für ein hochwertiges Produkt entscheidet und dafür auch ins eigene Portemonnaie greift. Wie in vielen anderen Bereichen auch – Beispiel Brillenversorgung beim Optiker – entstehe dadurch auch auf dem Reha-Markt zunehmend eine Zweiklassengesellschaft. Veranschaulichen lasse sich dies gut an den Rollstühlen des italienischen Herstellers Progeo, die t-rv vertreibt. Man könne diese in einem Kostenrahmen zwischen 1.700 und 8.000 Euro bestellen, je nach Modell und Zubehör.
Vor einem halben Jahr hat t-rv die italienischen Rollstühle, die nach Föhrenbühlers Worten durch ihr besonderes Design, geringes Gewicht und große Dynamik bestechen, ins Sortiment aufgenommen. Davor hatte man jahrelang Rollstühle des amerikanischen Unternehmens TiLite vertrieben. Doch durch dessen Verkauf an Permobil verlor Föhrenbühler die Lizenz für den Vertrieb. „So etwas möchten wir nicht nochmal erleben, dass wir von heute auf morgen unser zentrales Produkt verlieren“, erinnert sich Albert Föhrenbühler noch mit Unbehagen. Die Konsequenz daraus ist für den t-rv-Chef, dass er sein Sortiment auf mehrere Hersteller stützt. Wichtig ist ihm vor allem die hohe Qualität. Mit ausgewählten, technisch besonderen Nischenprodukten glaubt er, sich auch künftig gut auf dem Reha-Markt behaupten zu können. Auch wenn dieser sich gerade sehr verändere, einerseits durch den Einstieg von immer mehr Kapitalgesellschaften in Unternehmen der Branche andererseits durch den wachsenden Konkurrenzdruck aus Fernost.
Information statt Expansion
Rund drei Millionen Euro macht das Unternehmen Umsatz pro Jahr. „Wir sind gut aufgestellt“, meint auch Tochter Nicole Püschel, die betont, dass t-rv nach vielen Jahren mit um die zehnprozentigem Wachstum gar nicht mehr ein weiteres Expandieren in den Vordergrund stelle, sondern mehr die Intention, Menschen mit Behinderungen gut zu versorgen. Zu dieser Sichtweise passt auch die Firmenpolitik, immer mehr Workshops und Seminare zu Themen anzubieten, die Menschen mit Behinderungen bewegen – Angebote für Fachleute, aber auch für Betroffene. Dieses Jahr gab es in Kooperation mit der Gesellschaft zur Förderung des integrativen Sports schon mehrere Mobilitätstrainings auf dem Firmengelände.
Langweilig wird es dem Geschäftsführerduo Vater und Tochter auch künftig nicht. Dabei hat Albert Föhrenbühler fast vergessen, dass er sich ja eigentlich mit seinen 68 Jahren allmählich aus der Firma zurückziehen wollte. Noch ein Grund dafür, dass er bleibt und die Geschicke des Unternehmens auch künftig mitgestaltet, ist ein weiterer Trauerfall in der Familie. Nach seinem Sohn starb im vergangenen Jahr auch seine Ehefrau. Der berufliche Erfolg, aber auch schwere familiäre Zeiten, haben Nicole Püschel und Albert Föhrenbühler zusammengeschweißt. Den Stabilitätsrahmen für das Geschäftsführerduo geben Nicole Püschels Ehemann Thorsten, den sie übrigens auch über ihren Bruder Marco kennengelernt hat, und ein verlässliches Team aus teilweise schon sehr langjährigen Mitarbeitern.
Katja Rosdorff
Fotos: Eric Scharfenort
Kontakt:
TRV Technik und Reha Vertriebs GmbH
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Tel.: 07242/257960
Dieser Artikel erschien im RehaTreff (03/2016).Hier können Sie ein kostenloses Probeheft oder ein Abo bestellen (21 €/Jahr für vier Ausgaben) |