In einem Monat ist es soweit: Die UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) ist am 26. März in Deutschland seit sechs Jahren in Kraft, und genau an diesem Tag beginnt auch das Staatenberichtsprüfungsverfahren für Deutschland bei den Vereinten Nationen in Genf. Deshalb hat die BRK-Allianz jetzt ihren letzten Bericht beim zuständigen UN-Fachausschuss eingereicht. Bei diesem Dokument handelt es sich um eine Bewertung der Antworten der Bundesregierung auf die sogenannte „Frageliste“, die der Ausschuss im vergangenen Jahr an Deutschland gerichtet hatte. „Bei der Bewertung der Antwort der Bundesregierung kommt die BRK-Allianz zum Schluss, dass die Antworten sehr unbefriedigend sind“, so Allianzsprecherin Dr. Sigrid Arnade. „Die BRK-Allianz ist der Ansicht, dass die Bundesregierung ihre Verantwortung zur Umsetzung der UN-BRK nur halbherzig wahrnimmt und vielfach nur auf die Länder verweist. Ferner behauptet die Bundesregierung, dass ein großer Teil der Vorgaben der UN-BRK zu den wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechten zähle, für die der Progressionsvorbehalt nach Artikel 4, Abs. 2 gelte. Auf die naheliegende Frage, welche Artikel der UN-BRK direkt umzusetzen beziehungsweise unmittelbar anzuwendendes Recht für Deutschland darstellen, wird jedoch mit keinem Wort eingegangen.“
Mit Bedauern nimmt die BRK-Allianz in ihrem Text außerdem zur Kenntnis, dass die Bundesregierung in ihrer Antwort wieder auf ihre „Denkschrift“ aus dem Jahr 2008 verweist, wonach die deutschen Gesetze im Einklang mit der UN-BRK stünden und lediglich die Umsetzung der bestehenden Gesetze verbessert werden müsse. Mit ihrem Parallelbericht und den Ausführungen in dem vorliegenden Dokument habe die Zivilgesellschaft jedoch deutlich gemacht, dass diese Sicht eine völlige Verkennung der völkerrechtlichen Bedeutung der UN-BRK sowie der Lebenssituation von Menschen mit Behinderungen in Deutschland ist: „Weder Disability Mainstreaming noch Gender Mainstreaming spielen in der Antwort der Bundesregierung eine Rolle“, so Arnade. „Auch die besondere Betroffenheit einzelner Gruppen behinderter Menschen, etwa taubblinder Menschen, von Menschen mit sogenannter geistiger Behinderung, von Menschen mit Autismus und hohem Unterstützungsbedarf oder die Situation von Eltern mit Behinderungen wird in den Antworten kaum thematisiert.“ Gemessen am eigenen Anspruch und dem gesellschaftlichen Leistungsvermögen von Deutschland erscheinen die Ausführungen der Bundesregierung sehr ausweichend und unkonkret, stellt die BRK-Allianz fest. Darüber hinaus ist sie der Ansicht, dass die grundlegende menschenrechtliche Dimension der UN-BRK von der Bundesregierung noch nicht vollumfänglich erkannt worden ist und sich dies in den Antworten auf die Fragen des Ausschusses widerspiegelt.
Am 26. März von 15 – 18 Uhr und am 27. März von 10 – 13 Uhr ist die Staatenprüfung auch live über das Internet unter www.treatybodywebcast.org (mit internationaler Gebärdensprache gedolmetscht) zu verfolgen. Alle Dokumente zu dieser Sitzung sind auf der Seite www.brk-allianz.de nachzulesen. „Wer an diesen beiden Tagen aktiv werden möchte, der kann auch selber die Dinge unter die Lupe nehmen“, ermuntert Arnade. „In Genf prüft die UN Deutschland zur Umsetzung der Konvention und vor Ort könnten die behinderten Menschen die kommunale Umsetzung ihrer Menschenrechte prüfen“.