Wetzlarer wollen von Porto Torres aus in die Champions League

Rollstuhlbasketball Champions League
Joe Bestwick im letzten Jahr gegen seine Landsleute aus
Wolverhampton, diesmal trifft er auf Porto Torres mit sechs Briten im Team. Foto: Armin Diekmann

Wenn der RSV Lahn-Dill ab Mittwoch seine Europapokal-Odyssee Richtung Sardinien antritt, warten auf die Wetzlarer Rollis insgesamt fünf verschiedene Flugverbindungen, rund 1.000 zusätzliche Autobahn-Kilometer und eine Fährpassage, ehe Personal und Material am Donnerstag komplett auf der Mittelmeerinsel angekommen sind. Die Reise führt den fünffachen Champions League Sieger von Frankfurt aus über die Flughäfen Rom, Mailand und Alghero sowie die Hafenstadt Genua ins 23.000 Einwohner zählende Porto Torres. Sportlich trifft die Mannschaft von Trainer Nicolai Zeltinger im Palazetto dello Sport Alberto Mura auf CS Meaux, Padua Millenium Basket, Beit Halochem Tel Aviv und Gastgeber GSD Porto Torres.

Während Sportgeräte und Material sicherheitshalber auf dem Landweg bis Genua und einer folgenden knapp zwölfstündigen Überfahrt selbst nach Sardinien transportiert werden, muss sich Mannschaft und Crew auf fünf Flugverbindungen über zwei Tage verteilen. Die katastrophale Verkehrsanbindung der Mittelmeerinsel außerhalb der Tourismussaison und die Vorgabe der Alitalia, nur zwei Rollstuhlfahrer pro Flug zu akzeptieren, ist letztendlich die Ursache der Odyssee, die die Mittelhessen und ihren Partner Grimm Touristik zu einer logistischen Meisterleistung bereits im Vorfeld der EuroLeague genötigt hat.

Sportlich steht für den RSV Lahn-Dill nicht mehr, aber auch nicht weniger als die Qualifikation für die Champions League Anfang Mai im italienischen Giulianova an. Härteste Konkurrenten dürften dabei neben dem mit deutlich britischem Akzent auftretenden Gastgeber vor allem der französische Tabellenführer aus Meaux sein.

Spielplan und Modus

Fünf Teams kämpfen auf Sardinien um zwei Tickets der Gruppe B für die Champions League in Giulianova, die der RSV Lahn-Dill zum zwölften Mal in Folge erreichen möchte. Zu Gast in der Hafenstadt im Nordwesten der Mittelmeerinsel sind der französische Tabellenführer CS Meaux, die beiden italienischen Serie A-Vertreter Padua Millenium Basket und GSD Porto Torres sowie der israelische Meister Beit Halochem Tel Aviv.

Parallel zu den Spielen im Palazetto dello Sport Alberto Mura kämpfen im französischen Toulouse und im thüringischen Elxleben weitere zehn Teams um zweimal zwei Fahrkarten zur Entscheidung in der Königsklasse. Mit dabei auch als Gastgeber der Gruppe A der EuroLeague I das RSB Team Thüringen.

IWBF Euroleague I
Gruppe A in Elxleben Gruppe B in Porto Torres Gruppe C in Toulouse
Besiktas Istanbul (TUR) Beit Halochem Tel Aviv (ISR) Beit Halochem Haifa (ISR)
BSR ACE Gran Canaria (ESP) CS Meaux (FRA) CD ONCE Madrid (ESP)
Le Cannet (FRA) Padua Millenium Basket (ITA) Hyeres Handi Basket (FRA)
SSD Santa Lucia Rom (ITA) RSV Lahn-Dill (GER) Briantea ´84 Cantu (ITA)
RSB Team Thüringen (GER) GSD Porto Torres (ITA) Toulouse IC (FRA)

Die beiden Bestplatzierten aller drei EuroLeague I Gruppen in Elxleben, Porto Torres und Toulouse qualifizieren sich für die Entscheidung in der Champions League vom 1. bis 3. Mai in Giulianova an der italienischen Adria. Neben diesen sechs Qualifikanten komplettieren Gastgeber Amicacci Giulianova und Titelverteidiger Galatasaray Istanbul das Feld in der Königsklasse. Der jeweils Drittplatzierte der drei Gruppen bucht dagegen das Ticket für die Endrunde im André-Vergauwen-Cup vom 24. bis 26. April im spanischen Getafe.

Champions League                                              1. bis 3. Mai in Giulianova (ITA) André-Vergauwen-Cup                                          24. bis 26. April in Getafe (ESP)
Amiacacci Giulianova (ITA) CID Casa Murcia Getafe (ESP)
Galatasaray Istanbul (TUR) 3. Gruppe A der EuroLeague I
1. Gruppe A der EuroLeague I 3. Gruppe B der EuroLeague I
1. Gruppe B der EuroLeague I 3. Gruppe C der EuroLeague I
1. Gruppe C der EuroLeague I 1. Gruppe A der EuroLeague II
2. Gruppe A der EuroLeague I 1. Gruppe B der EuroLeague II
2. Gruppe B der EuroLeague I 1. Gruppe C der EuroLeague II
2. Gruppe C der EuroLeague I 1. Gruppe D der EuroLeague II

Im Palazetto dello Sport Alberto Mura finden am Freitag und Samstag insgesamt zehn Spiele im Modus jeder-gegen-jeden statt. Für den RSV Lahn-Dill ist dabei bereits der erste Tag mit Duellen gegen Gastgeber Porto Torres und den französischen Vizemeister aus Meaux der entscheidende Wettkampftag. Los geht es für die Mittelhessen um 13:30 Uhr im Palazetto dello Sport gegen den dreifachen europäischen Champion aus Frankreich, ehe am Abend Gastgeber GSD Porto Torres die Wetzlarer herausfordert. Tag zwei bringt für Kapitän Michael Paye & Co. die von der Papierform her vermeintlich leichteren Partien gegen Padua und Tel Aviv. Die vierte und letzte Begegnung der EuroLeague I auf Sardinien ist zugleich ein Jubiläumsspiel für den RSV Lahn-Dill, der gegen die Israelis sein 100. Pflichtspiel auf internationalem Parkett bestreitet.

IWBF Euroleague I, Freitag 13. März 2014
GSD Porto Torres Padua Millenium Basket Freitag, 11:15
CS Meaux RSV Lahn-Dill Freitag, 13:30
Padua Millenium Basket Beit Halochem Tel Aviv Freitag, 15:45
GSD Porto Torres RSV Lahn-Dill Freitag, 18:00
Beit Halochem Tel Aviv CS Meaux Freitag, 20:15
IWBF Euroleague I, Samstag 14. März 2014
Padua Millenium Basket RSV Lahn-Dill Samstag, 09:00
GSD Porto Torres CF Meaux Samstag, 11:15
Beit Halochem Tel Aviv RSV Lahn-Dill Samstag, 13:30
CS Meaux Padua Millenium Basket Samstag, 15:45
GSD Porto Torres Beit Halochem Tel Aviv Samstag, 18:00

Das sportliche Ziel

Seit mehr als einem Jahrzehnt ist der RSV Lahn-Dill ohne Unterbrechung Dauergast in der europäischen Champions League. In acht Endspiel-Teilnahmen konnte das deutsche Aushängeschild der Sportart fünf Titel in der Königsklasse nach Deutschland holen. 2004 in Madrid, 2005 in Wetzlar, 2006 in Istanbul, 2010 in Rom und zuletzt 2012 mit einem 79:65-Erfolg als Gast von Galatasaray Istanbul im vielleicht hochklassigsten Rollstuhlbasketball-Spiel aller Zeiten, setzte sich das Team aus der hessischen Provinz an die kontinentale Spitze. Nach dem enttäuschenden Rang sieben 2013 im spanischen Valladolid, folgte im vergangenen Jahr mit Platz drei die starke Rückkehr in die europäische Spitze. Dort wollen sich Michael Paye & Co. auch in dieser Spielzeit wiederfinden und dazu gehört zwingend die Qualifikation für die Champions League vom 1. bis 3. Mai im italienischen Giulianova.

Während Padua und Tel Aviv auf dem Papier die leichtesten Aufgaben darstellen, dürften die Duelle mit Meaux und Gastgeber Porto Torres die sportlich entscheidenden auf Sardinien sein. Spielt der RSV so hoch konzentriert wie am letzten Wochenende in Hamburg, sollten die Mittelhessen das Maß aller Dinge sein, doch eine derartige Leistung ist nur schwer im Wochenrhythmus abzurufen, insbesondere wenn die Anreise solche logistischen Hürden bereit hält. „Wir sind für alle Eventualitäten professionell gerüstet. Logistisch ist alles geregelt und Mannschaft und Crew erfahren genug, die nicht idealen Rahmenbedingungen auszublenden. Sportlich haben Nicolai Zeltinger und Ralf Neumann die Mannschaft bestens vorbereitet und eingestellt, so dass wir mit Optimismus nach Porto Torres reisen“, so RSV-Manager Andreas Joneck, der ergänzt: „Wer in unserer EuroLeague I Gruppe die Nase vorne haben will, der muss an uns vorbei“.

Die Kontrahenten im Detail

GSD Porto Torres

Der Gastgeber hat sich in dieser Saison viel vorgenommen und es in der italienischen Serie A bis ins Playoff-Halbfinale geschafft. Mit insgesamt sechs britischen Spielern haben die Sarden eine deutlich angelsächsische Prägung. Mit George Bates, Simon Brown, Martin Edwards, Sarah McPhee, Oldie Simon Munn und Richard Sargent ist das Ziel für die Italiener klar formuliert: der Heimvorteil soll als Basis dienen, die Qualifikation für die Champions League Anfang Mai an der Adria zu schaffen. Beide Teams standen sich erst einmal gegenüber. Am 13. März 2004 im türkischen Izmir siegte der RSV Lahn-Dill als späterer Sieger der Königsklasse deutlich mit 79:46 gegen Porto Torres.

CS Meaux

Der dreimalige Sieger der europäischen Königsklasse kommt als nationaler Vizemeister nach Sardinien. Der französische Nationalspieler Audrey Cayol, der Israeli Allon Dor-Onn sowie der ehemals in Köln aktive Niederländer Walter Groen bilden das Rückgrat des Traditionsvereins aus dem Großraum Paris. Topscorer im Team ist jedoch der polnische Center Dominik Mosler, der in der Ligue 1 im Schnitt über 22 Punkte pro Spiel erzielt. Trainiert wird Meaux vom fließend deutsch sprechenden Mario Fahresmane, der selbst mehrfacher Europameister mit der Equipe Tricolore war. Mit keinem der Kontrahenten in der EuroLeague hat der RSV öfters die Säbel gekreuzt. Bereits viermal standen sich die mehrmaligen Gewinner der Königsklasse bereits gegenüber und viermal rollte der RSV Lahn-Dill als Sieger vom Parkett, zuletzt im Vorjahr in Madrid mit 67:49.

Padua Millenium Basket

Das Team aus einer der ältesten Städte Italiens stand schon in der vergangenen Saison dem RSV Lahn-Dill während der EuroLeague in Wetzlar gegenüber. Damals unterlag das Team aus Norditalien, das in der Serie A gegen den Abstieg kämpft, dem fünffachen Champions League Sieger aus Mittelhessen mit 46:84. Mit einer nahezu komplett neu zusammengestellten Mannschaft um die beiden Britten Jonathan Hall und Patrick Darren Greenfield sowie dem US-Amerikaner Jamie Mazzi will Padua in diesem Jahr eine bessere Rolle auf internationaler Bühne spielen. Im Jahr 2008 konnte das Team von Trainer Filippo Chiarello den europäischen Willi-Brinkman-Cup gewinnen und erreichte im gleichen Wettbewerb 2013 immerhin das Finale.

Beit Halochem Tel Aviv

Die abschließende Partie gegen den israelischen Meister aus Tel Aviv ist dagegen das erste Aufeinandertreffen beider Konkurrenten, die das Los in 17 Jahren Europapokalgeschichte des RSV Lahn-Dill noch nie zusammengeführt hat. Das Duell mit dem mit zahlreichen heimischen Nationalspielern gespickten Team aus Israel ist aber nicht nur aufgrund dieser Premiere ein besonderes für die Wetzlarer Rollis. Nach 74 Erfolgen in bisher 96 internationalen Pflichtspielen feiert Deutschlands erfolgreichster Verein am Samstag gegen Tel Aviv sein 100. Spiel auf internationalem Parkett. Eine Rekordmarke, die in Deutschland unerreicht ist und auch auf IWBF-Bühne nur einige wenige große Namen nachweisen können.

IWBF Europe Rangliste

Betrachtet man die Rangliste, die sich aus einem Koeffizienten einer Drei-Jahres-Rechnung ergibt, die alle vier Europapokalwettbewerbe der IWBF Europe mit einschließt, trifft der RSV Lahn-Dill am Freitag und Samstag auf den europäischen Rangelften aus Meaux. Es folgen in der Reihenfolge der Rangliste der europäische 15. aus Tel Aviv, der 16. aus der Gastgeberstadt Porto Torres und der 19. aus Padua. Die Wetzlarer selbst rangieren aktuell auf Platz drei hinter Titelverteidiger Galatasaray Istanbul und seinem letztjährigen Finalgegner Madrid.

Andreas Joneck

 

 

 

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