Auf den Tag genau einen Monat war es her, dass das Paralympische Feuer im Estádio do Maracanã erlosch. Doch man spürte: Es „lodert noch ein wenig die Flamme von Rio“, sagte Dr. Angela Merkel. Die Bundeskanzlerin war zu Besuch beim Parlamentarischen Abend des Deutschen Behindertensportverbandes (DBS) in der Heilig-Kreuz-Kirche in Berlin – und sparte bei ihrem Grußwort und in der anschließenden Talkrunde mit Radsportlerin Andrea Eskau, Rollstuhlbasketballerin Annika Zeyen, Kugelstoßer Niko Kappel und Weitspringer Markus Rehm nicht mit Lob.
„Der Sport von Menschen mit Behinderung ist längst aus dem Nischendasein heraus. Auf das bisher Erreichte können alle stolz sein“, betonte Merkel. Die Deutsche Paralympische Mannschaft habe das Land in Brasilien sehr gut vertreten. „Die Leistungen sind faszinierend. Das deutsche Team hat beeindruckt und gezeigt, was in ihm steckt“, sagte die Bundeskanzlerin. Die Sportlerinnen und Sportler seien „Vorbild für uns alle und wunderbare Botschafter unseres Landes“. Sie habe das Gefühl gehabt, dass es bei den Paralympics „atmosphärisch besser und auch lebendiger war“ als bei den Olympischen Spielen.
Nicht nur wegen dieser Worte freute sich DBS-Präsident Friedhelm Julius Beucher darüber, die Bundeskanzlerin erstmals beim Parlamentarischen Abend begrüßen zu dürfen, den der DBS mit Unterstützung der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) ausgerichtet hat. Neben Angela Merkel folgten über 150 weitere Gäste aus Politik und Gesellschaft der Einladung, darunter der Bundesminister des Innern, Dr. Thomas de Maizière, die Parlamentarischen Staatssekretäre Gabriele Lösekrug-Möller und Dr. Ralf Brauksiepe, die Vorsitzende des Sportausschusses des Deutschen Bundestages, Dagmar Freitag, sowie zahlreiche Bundestagsabgeordnete oder Athletinnen und Athleten der Deutschen Paralympischen Mannschaft. Vier davon hatten sogar die Möglichkeit, sich bei einer lockeren Talkrunde mit der Bundeskanzlerin auszutauschen.
Und Angela Merkel hatte festgestellt, dass sich die paralympischen Athleten deutlich positiver über die Bedingungen in Rio de Janeiro geäußert hatten als zuvor die Olympia-Sportler. Andrea Eskau sagte dazu stellvertretend mit einem Augenzwinkern: „Wir haben so viel in unserem Leben erlebt, auch schlimme Momente, da kann uns eine tropfende Dusche nicht wirklich stören.“
Einig waren sich die Sportler auch in der Hoffnung auf neue Nachwuchstalente durch die Paralympics. „Ich habe damals Speerwerfer Mathias Mester im TV gesehen und daraufhin mit der Leichtathletik angefangen. Jetzt habe ich bei meinen ersten Paralympics direkt Gold geholt. Das ist Wahnsinn“, berichtete der 21-jährige Kugelstoßer Niko Kappel. Und auch Markus Rehm, Paralympicssieger im Weitsprung und mit der 4×100-Meter-Staffel, wünscht sich eine noch größere Begeisterung für den Behindertensport durch die Spiele.
Als Orthopädietechniker setzt sich der unterschenkelamputierte 28-Jährige auch beruflich für den Nachwuchs ein – und ist gleichzeitig großes Vorbild. „Unsere Spitzensportlerinnen und Spitzensportler sind Leuchttürme für viele Menschen mit Behinderung. Über die Leistungen in Rio bin ich noch immer begeistert und stolz. Wir haben wieder gezeigt, dass wir zu den besten Nationen der Welt gehören“, sagte Friedhelm Julius Beucher – und der DBS-Präsident ergänzte: „Das wollen wir auch bleiben. Doch wir müssen dafür auch investieren und unsere Strukturen professionalisieren, angefangen beim Breitensport als Basis für den paralympischen Spitzensport. Die internationale Konkurrenz wird immer größer und besser.“
Das Leistungsniveau ist in Rio nochmals deutlich angestiegen, die Entwicklung schreitet immer weiter voran – umso wichtiger sind möglichst optimale Bedingungen, um den Sport auch professionell betreiben und damit konkurrenzfähig bleiben zu können. „Es ist eine wirklich rasante Entwicklung. Die Paralympics sind eine Erfolgsgeschichte von faszinierenden Menschen. Man kann festhalten: Der Behindertensport ist auf Augenhöhe angekommen“, sagte ABDA-Vizepräsident Mathias Arnold.
DBS/HW