Die deutschen Frauen mit Sehbeeinträchtigung dominieren das Weltcup-Finale im Para Biathlon. In jedem Rennen gibt es eine andere Siegerin. Leonie Walter (SC St. Peter) sichert sich die Trophäe für die beste Athletin des Jahres, genau wie Anja Wicker (MTV Stuttgart) bei den Frauen sitzend.
Die Anfeuerungsrufe des deutschen Betreuerstabs hallten durchs ganze Stadion im schwedischen Torsby. „Das passt Anja. Hopp!“, riefen die einen, „Auf Anja, schieb!“, forderten die anderen. Anja Wicker hatte nichts anderes vor. Mit kräftigem Stockeinsatz drängte sie im Finale der Sprint-Verfolgung dem Ziel entgegen. Ihre Verfolgerin Kendall Gretsch (USA) kam näher und näher, doch Wicker rettete 2,04 Sekunden ihres Vorsprungs aus der Qualifikation über die Linie. „Das war wirklich eine ganz enge Kiste“, sagte der Co-Bundestrainer Para Biathlon, Rolf Nuber.
„Ich habe die gesamte letzte Runde Kendalls Atem im Nacken gespürt“, scherzte die 33-Jährige selbst, die mit ihrem Sieg am Dienstagnachmittag den perfekten Abschluss eines ungemein erfolgreichen Winters feierte. Nachdem sie in den Tagen zuvor Dritte im Sprint und Zweite im Einzelrennen über 12,5 Kilometer geworden war, schob sie sich durch den finalen Sieg im Para Biathlon-Gesamtweltcup an der Dauerrivalin Gretsch vorbei und gewann zum bereits fünften Mal die Gesamtwertung. Sieben WM-Medaillen in sieben Rennen stehen 2025 ebenfalls zubuche. „Es war eine überragende Saison für mich“, bilanzierte Wicker.
Erfolgreich in die Pause – Vorfreude auf die Paralympics
Bei den Frauen mit Sehbeeinträchtigung setzten Leonie Walter (SC St. Peter, mit Guide Christian Krasman), Johanna Recktenwald (Biathlon-Team Saarland, mit Guidin Emily Weiß) und Linn Kazmaier (SZ Römerstein, mit Guide Florian Baumann) Maßstäbe. In jedem der drei Rennen machte das Trio die Plätze auf dem Podium unter sich aus. Bemerkenswert: Jedes Mal stand eine andere auf der Eins. Walter im Sprint, Recktenwald, für die das der erste Weltcup-Sieg war, im Einzel und Kazmaier in der Sprint-Verfolgung. „Schöner“, sagte Rolf Nuber, „hätten wir uns das nicht wünschen können.“
Für die 18-jährige Kazmaier, die in der Saison-Vorbereitung lange nicht trainieren konnte und während des Winters viele Wettkämpfe ausgelassen hatte, war es ein Mutmacher. „Mit einem Sieg aufzuhören, gibt mir viel Selbstvertrauen“, sagte sie. Leonie Walter beendete die Saison ebenfalls voller Stolz. Sie holte das Double im Gesamtweltcup: Anfang März hatte sie sich im norwegischen Steinkjer die Kristallkugel im Para Skilanglauf gesichert, nun krönte sie sich auch im Para Biathlon zur Königin des Winters. „Ich bin in allen Biathlon-Wettbewerben in diesem Winter immer Erste oder Zweite geworden, das ist schon Wahnsinn. Es war eine sehr schöne Saison, so kann es gerne weitergehen“, berichtete Walter.
Bei den deutschen Männern sorgte Marco Maier (SV Kirchzarten) als Vierter der Sprint-Verfolgung für das beste Ergebnis in Torsby. Im Sprint war Maier Zehnter geworden, im Einzel Fünfter. In der Gesamtwertung der Männer stehend bedeutete das Platz zwei hinter dem Kanadier Mark Arendz. Maiers Vereinskamerad Max Long beendete seine Premierensaison mit einem 13. Platz im Sprint und einem zehnten Platz im Einzel. Die Wettkämpfe der Männer mit Sehbeeinträchtigung mussten ohne den krankheitsbedingt ausgefallenen Nico Messinger (Ring der Körperbehinderten Freiburg) stattfinden. Einziger deutsche Vertreter war Lennart Volkert (PSV München, mit Guide Nils Kolb). Der 21-Jährige wurde im Sprint Neunter und im Einzel Achter.
Am Mittwoch kehrt die Mannschaft in die Heimat zurück, wo nun erst einmal Regeneration nach einer kräftezehrenden Saison voller Highlights angesagt ist. Doch die ersten Trainingspläne zur Vorbereitung auf den nächsten Winter sind schon geschmiedet. Höhepunkt: die Paralympics in Mailand und Cortina d’Ampezzo vom 6. bis 15. März 2026.
Text: Benjamin Schieler / DBS
Foto: Para Ski nordisch Deutschland