Die Pflegekammer NRW übt scharfe Kritik an den Worten des AfD-Spitzenkandidaten Björn Höcke, der jetzt in einem Social-Media-Video von einer Wahlkampfveranstaltung in Thüringen Pflegefachpersonen Betrug vorgeworfen hat.
Konkret sehe Höcke Pflegeheime als besonders manipulationsanfällig, da hier ältere Menschen, die politisch nicht mehr so interessiert seien und „die betreut werden über viele Jahre durch einen Pfleger“, letztlich „dahin gebracht werden, die SPD zu wählen“. Deshalb hatte Höcke die Zuschauenden der Wahlkampf-Veranstaltung dazu aufgerufen, die Briefwahlunterlagen einzufordern, wenn sie zu pflegende Angehörige in Pflegeheimen haben.
„Wir sind fassungslos, wie sehr unser Berufsstand in Verruf gebracht wird“, sagt Sandra Postel, Präsidentin der Pflegekammer NRW. Denn natürlich färbe so ein ungeheuerlicher Verdacht auch auf die Kolleginnen und Kollegen in Nordrhein-Westfalen ab. „Höcke weiß offensichtlich nichts von den ethischen Ansprüchen an die Pflege und übersieht willentlich, dass er uns Berufspflichtverletzung vorwirft.“, so Postel. „Als Kammer ist es auch und gerade unsere Aufgabe, uns für das Berufsbild Pflege einzusetzen. Solche Angriffe auf den Pflegeberuf können wir deshalb nicht unkommentiert lassen, da sie uns alle zum Ziel haben.“
Die Anschuldigung sei ein Schlag ins Gesicht all jener Pflegefachpersonen, die hochprofessionell gerade in Pflegeheimen dafür sorgen, den Menschen dort ein würdiges Leben zu ermöglichen. Dazu gehöre es selbstverständlich, dass Pflegefachpersonen als Wahlunterstützende agieren, somit das selbstständige Wählen ermöglichen und für diese Menschen Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu gewährleisten. „Aus der Praxis kann ich berichten, dass Pflegende den Wähler- und Wählerinnenwillen ihrer anvertrauten Pflegebedürftigen ermöglichen. Das gehört mit zur Pflege in der Langzeitversorgung. In Fällen, wo das nicht mehr möglich ist, wird eine Betreuung geregelt. Dies geschieht aber durch Gerichte, die auch hinsichtlich der Geschäftsfähigkeit entscheiden“, so Dominik Stark, Vorstandsmitglied. „Allein der Verdacht, dass Pflegefachpersonen in Heimen im großen Stil Wähler- und Wählerinnenstimmen manipulieren, ist ungeheuerlich.“ In Ländern ohne Pflegekammer liegt die Fachaufsicht beim Land, welches Berufspflichtverletzungen nachgeht. In Nordrhein-Westfalen liegt diese Ahndung bei den Pflegenden selbst durch die Pflegekammer Nordrhein-Westfalen.
Bereits im Februar 2024 hatten sich die Präsidentinnen und Präsidenten der Heilberufskammern in NRW klar gegen jede Form von Extremismus, Antisemitismus sowie Rassismus gestellt und sich eindeutig von allen damit sympathisierenden Gruppierungen distanziert. Die Pflegekammer NRW hatte sich dann noch mal vor der Europawahl im Juni in einem gemeinsamen Positionspapier für eine würdevolle Pflege aller Menschen eingesetzt und klare Haltung gegen jedwede Form von Ausgrenzung und für eine demokratische Grundordnung gezeigt. „Aus der Stellungnahme wird deutlich, dass wir jeden Menschen, egal welcher politischer Haltung pflegen, dazu gehört natürlich auch die Unterstützung seines politischen Willens. Das Verhalten von Höcke macht deutlich, dass wir eine klare Haltung brauchen. Wir wehren uns gegen eine rechtsextreme Politik, um auch weiterhin alle Menschen pflegen zu können.“