Wer lässt schon gern Medaillen liegen?

Ottobock
Trainingseinheit der holländischen Paralympioniken bei Ottobock.

Ganz leicht ist es am vergangenen Mittwoch nicht gefallen, bei einer niederländisch-deutschen Begegnung an Leichtathletik und nicht an Fußball zu denken. Immerhin, es ging um Brasilien, allerdings in Form von Rio 2016. Im Rahmen des Vier-Jahres-Plans, mit dem Nationalcoach Guido Bonsen niederländische Paralympics-Profis auf Goldkurs bringen will, besuchte das Team drei Tage lang die Firmenzentrale seines Sponsors Ottobock in Duderstadt. Zum Trainieren und zum Diskutieren. Vom ersten Jahr nach den Spielen erwartet man eigentlich, dass es die Paralympioniken etwas ruhiger angehen lassen. „Vielleicht hätte ich das ja auch tun sollen“, meint Marlou van Rhijn, Weltrekordhalterin über 100, 200 und 400 Meter. „Aber 2013 hatten wir dann die Weltmeisterschaft in Lyon. “ Ihr Ergebnis: Gold über 100 und 200 Meter. Die Medaillen lässt man halt ungern liegen. 400 Meter war in ihrer Klasse nicht im Programm.

Das zweite Jahr läuft jetzt und ist für den Trainer Guido Bonsen dazu da, „ein breites Fundament zu legen, von dem wir dann mit der Leistungsentwicklung bis Rio profitieren“. Dieses Fundament hat vor allem eine physische Seite, aber eben auch eine technische. „Ich trainiere die Körper der Athleten. Aber ein Körperteil, das fehlt, kann ich nicht trainieren. Da brauchen wir dann technische Hilfe, die zur Fitness des Sportlers passt. “ Das bedeutet, dass die seit Jahren steigenden Leistungen im paralympischen Wettkampf auf Seiten der Sportprothesen entsprechende Weiterentwicklungen erfordern. Auch darüber, was in näherer Zukunft zu erwarten ist, sprachen die Niederländer mit Hub van den Boomen und weiteren Experten von Ottobock. Mit dabei  an diesen drei Tagen: der deutsche 100-Meter-Weltrekordler Heinrich Popow.

Die Win-Win-Situation in der Zusammenarbeit zwischen Athleten und Orthopädietechnikern beschreibt Jens Nörthemann. Der Sportler könne mit der auf ihn angepassten Technik sein Leistungspotenzial abrufen. „Und wir Techniker bekommen ein erstklassiges Feedback. Mit ihrem ausgeprägten Bewegungsgefühl brauchen die Sportler nur ein paar Schritte und können sagen, was an einer veränderten Einstellung der Prothese gut ist und was nicht.“ Daraus lernen die Fachleute viel, auch für ihre Arbeit im Alltag mit Nicht-Sportlern.

Auf ein Missverständis weist Ronald Hertog hin, der mit seiner Prothese in Lyon 6,78 Meter weit sprang und Silber gewann: „Die Versorgung mit einer Sprintprothese ist nicht so, als ob man sich ein Auto kauft. Das ist vielmehr wie Formel 1. Jedes Detail muss exakt abgestimmt sein. Darum ist gegenseitiges Vertrauen so wichtig, du brauchst einen Techniker, der genau weiß, was für dich persönlich richtig ist.“

Die niederländischen Profis trainieren 20 Stunden pro Woche im National Sports Center bei Arnheim. Im April 2013 wurde für sie der Sponsoring-Vertrag mit Ottobock und dem auf Leistungssport spezialisierten Orthopädie-Experten Frank Jol um vier Jahre verlängert. In Rio sieben Medaillen zu holen, wie in London 2012, findet Coach Guido Bonsen im Grunde nicht schlecht. „Schöner wäre aber, wenn mehr als eine davon aus Gold wäre. “ Das war in London die für den 200m-Sieg von Marlou van Rhijn. Nächster Schritt auf dem Weg nach Rio ist für sie und ihr Team die Europameisterschaft im August in Swansea (Wales).

www.ottobock-group.com

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